Steinmetz zu Allerheiligen: Warme Hände, kalter Stein
Von Vanessa Halla
Es ist viel los am Friedhof. Die ersten Gestecke für Allerheiligen werden bereits aufgestellt, die Gräber hübsch gemacht. In Reihe 21 schreitet Markus Ertl zur Arbeit.
Der Mann mit den breiten Schultern hat einen silbernen Koffer umgehängt. In einer Hand trägt er einen Hocker, eine schwarze Mappe und eine Gießkanne voll gefüllt mit Wasser. Mit der anderen Hand hält er einen Sack Kies, einen Kübel mit Werkzeug und einen Zollstock.
Geht sich alles locker aus, in den großen Händen des Steinmetzes. Und selbstverständlich wirkt es mühelos, wie er da die vielen Kilo durch die Grabreihen manövriert. Markus Ertl ist 39 Jahre alt, seit 24 Jahren Steinmetz und wusste schon mit vier Jahren ganz genau, dass er nur diesen Beruf einmal ausüben möchte.
In der Ruhe liegt die Kraft: Die Arbeiten am Friedhof machen einen Großteil des Geschäftes von Steinmetz Ertl aus.
„Mein Vater Erich hat das Unternehmen 1986 gegründet. Die Firma und ich feiern nächstes Jahr also beide unseren Vierziger“, erzählt Ertl, der mittlerweile die Agenden vom Papa übernommen hat und den Betrieb mit „vier Mann und einer guten Fee“ in Riedlingsdorf leitet.
Ein uraltes Handwerk
Der Beruf des Steinmetzes ist einer der ältesten der Menschheit. Markus Ertl wiederum war im Burgenland mit 23 Jahren der damals jüngste Steinmetzmeister in diesem jahrtausendealten Beruf. „Als kleiner Bub bin ich schon mit dem Papa zur Arbeit mitgefahren und im Lastwagen habe ich immer am besten geschlafen“, erinnert sich Markus Ertl an seine Kindheit.
„Ich liebe meinen Beruf, jeder Tag ist anders. Die Arbeiten am Friedhof machen einen Großteil unseres Geschäftes aus. Grabanlagen fertigen und auch Renovierungsarbeiten daran sind sehr umfangreich und beanspruchen einiges an Zeit“, so der Experte.
Die Wochen vor Allerheiligen sind für den Handwerker und sein Team mit die arbeitsreichsten im Jahr. „Auch zu Ostern und um den Muttertag herum haben wir Steinmetze Hochsaison. Da lassen viele Leute die Gräber herrichten.“
Dass sich Markus Ertl viel Wissen rund um den Stein angeeignet hat, muss hier nicht extra erwähnt werden. „Jeder Stein klingt anders. Du musst auf den Stein hören, wenn du ihn bearbeitest. Das lernt man erst mit der Zeit.“
Fitness ist gefragt
Welches Baumaterial bei den Ertls zuhause dominiert, ist ebenso klar. So wie die Tatsache, dass der Job nicht von jedem gemacht werden kann. „Eine gewisse körperliche Fitness braucht es für den Beruf. Manche Platten wiegen eine halbe Tonne und mehr. Da geht zwar nix ohne Hilfsmittel, aber gerade Arbeitsplatten für die Küche sind oft schwierig dort hinzubringen. Da muss man ordentlich anpacken können“, sagt der Mann, dessen Körperbau wie gemacht dafür scheint.
„Inschriften sind ganz heikel. Wenn da ein Fehler passiert ist, musst du im schlimmsten Fall den ganzen Grabstein austauschen“, sagt Markus Ertl.
Verletzungen bleiben trotzdem nicht aus, wie der Steinmetz aus eigener Erfahrung weiß – trotz seines handwerklichen Geschicks. „Es kommt vor, dass man sich das Kreuz verreißt, aber in 24 Berufsjahren musste ich erst einmal ins Krankenhaus. Da ist mir eine Grabplatte auf den Fuß gefallen und hat mir einen offenen Bruch beschert.“
Er brennt für seinen Beruf
Ein Steinmetz hat nicht nur hart zu arbeiten, sondern auch ein umfangreiches Betätigungsfeld: Die Bearbeitung, Gestaltung und Restaurierung von Natur- und Kunststein, Denkmalpflege, den Friedhofsbereich bis hin zur Innenarchitektur mit Treppen, Arbeitsplatten, Böden oder Fensterumrahmungen – all das und noch viel mehr fertigt ein Steinmetz. Markus Ertl werkt konzentriert an der Restaurierung einer Grabinschrift. „Inschriften sind ganz heikel. Wenn da ein Fehler passiert ist, musst du im schlimmsten Fall den ganzen Grabstein austauschen.“
Der Handwerksmeister wäscht den Stein vor ihm, poliert noch ein bisserl nach und streicht dann mit der Hand ein letztes Mal über das kalte Material. „So, fertig.“
Ein zufriedenes Lächeln huscht über das Gesicht des Steinmetzes. Es ist 8.20 Uhr in der Früh. Am Riedlingsdorfer Friedhof hat es sechs Grad Außentemperatur. Markus Ertl packt sein Werkzeug ein und macht sich auf den Weg zur nächsten Baustelle.
Ob er bei seinem Job nicht ständig kalte Hände habe, will die Berichterstatterin zum Abschied von ihm wissen. „Wenn du für diesen Beruf brennst, ist das eigentlich gar nicht möglich.“
Kommentare