Ein ganzes Leben: Krippe, Schule, Pflegeheim unter einem Dach

Ein ganzes Leben: Krippe, Schule, Pflegeheim unter einem Dach
Im Haus St. Vinzenz in Pinkafeld leben Jung und Alt unter einem Dach. Warum die Freude an Seifenblasen über Generationen hinweg anhält? Weil so!

Von Vanessa Halla

99 Jahre alt ist der älteste Bewohner im Haus St. Vinzenz, ein Jahr jung das kleinste Zwutschkerl. Die beiden teilen sich zwar nicht dasselbe Zimmer, aber dasselbe Haus. Und mindestens einmal im Monat wird noch etwas geteilt: Zeit.

Dann nämlich kommen die Kinder der Krippe zu Besuch ins Pflegeheim, das, ebenso wie auch eine Schule, im selben Gebäude beheimatet ist.

Krippe, Schule und Pflegeheim unter einem Dach. Vor genau 170 Jahren wurde das Haus St. Vinzenz im südburgenländischen Pinkafeld gegründet, mit der Bestimmung, ein Haus für alle zu sein, die der Hilfe und Pflege bedürfen. 2024 gilt das immer noch.

Ein Haus für alle

Und was seit Corona vor allem gilt? „Dass Alt und Jung zusammengehört“, bringt es Claudia Prenner auf den Punkt. 

Ein ganzes Leben: Krippe, Schule, Pflegeheim unter einem Dach

Beim Austausch zwischen den Generationen offenbaren sich Gemeinsamkeiten 

Die Leiterin des Haus St. Vinzenz weiter: „Wir haben gesehen, wie schwerwiegend sich die Zeiten der Isolation während der Pandemie auf unsere Bewohner ausgewirkt haben. Einsamkeit ist etwas Schlimmes. 

Wenn aber die Kinder ins Haus kommen, dann füllen sich die Gesichter unserer älteren Bewohner mit Leben und auch die Schmerzen und Gebrechen, die das Alter oft mit sich bringen, sind plötzlich wie weggeblasen.“

Alle zwei Wochen bekommen die Bewohner des Pflegeheims St. Vinzenz Besuch von Kindern. Mal kommen die Kleinen von der Krippe zum Spielen vorbei, ein anderes Mal die Kiddies vom Städtischen Kindergarten oder der Chor der Pinkafelder Volksschule.

Basteln, Spielen, Tanzen

Dabei wird gemeinsam gebacken, gebastelt, gespielt, gesungen und getanzt. „Man muss die Türen öffnen, der Rest ergibt sich von selbst. Der Mensch ist nicht zum Alleinsein geboren und man darf nicht vergessen, dass unsere Bewohner alle aus Familien kommen. In der heutigen Zeit ist das Aufeinander- Schauen verloren gegangen“, sagt Prenner.

170 Jahre
Das Haus St. Vinzenz Pinkafeld steht im Dienste der Gemeinschaft der Barmherzigen Schwestern. Das Pflegeheim wurde 1854 gegründet, mit der Bestimmung, ein Haus für alle zu sein, die der Pflege und Hilfe bedürfen. 170 Jahre später hat sich nichts daran geändert


120 Bewohner
leben aktuell im Haus St. Vinzenz. Mehr Informationen unter haus-stvinzenz.at 

Freilich steckt hinter all dem Miteinander zwischen einem und 99 Lebensjahren auch sehr viel Planung, denn nicht zuletzt ist das „Programm“ der Kleinsten meist ein sehr dichtes. Gemeinsam backen und spielen stehen bei Oldies und Youngsters aber Gott sei Dank immer hoch im Kurs.

Oma Ilse

„Ich freu mich auf die Besuche im Altersheim. Im Kindergarten spielen wir auch, aber hier spielen wir schon ein bisserl anders. Beim Sackhüpfen können die alten Leute halt nicht mitspielen, aber ich glaub, das macht ihnen nicht viel aus“, sagt Kindergartenkind Annabell Hutterer und pustet ein paar Seifenblasen in Richtung „Oma Ilse“.

Die ist 76 Jahre jung, heißt mit Nachnamen Piff und freut sich über den Vormittag mit den Kindern, weil´s in ihrer Familie keine kleinen Kinder gibt.

Windeln sind ein Thema

Neben der Freude am Spielen werden auch andere „Gemeinsamkeiten“ sichtbar. Auf Hilfe angewiesen sein, zum Beispiel. Das sind die Kleinsten und die Ältesten der Runde gleichermaßen. 

„Ich brauche auch noch die Tante, wenn ich aufs Klo muss und als ich noch eine Windel gehabt habe, hat mir ein alter Mann hier erzählt, dass er auch Windeln hat“, ruft ein Knirps während einer Pause vom Seifenblasen-Pusten unbekümmert in die Runde.

Ein ganzes Leben: Krippe, Schule, Pflegeheim unter einem Dach

Alle zwei Wochen sind Kinder zu Besuch bei den Senioren im Pflegeheim 

„Die Kinder nehmen aus den Besuchen im Haus St. Vinzenz vor allem mit, dass es auch ältere Menschen gibt, die Hilfe brauchen. Und dass diese Menschen nicht alleine sind. Auch körperliche Gebrechen besprechen wir mit den Kindern. 

Kinder haben ein sehr offenes Wesen und nehmen mehr mit, als wir Erwachsenen oft am Schirm haben“, weiß Elementarpädagogin Daniela Wehofschitz vom Städtischen Kindergarten Pinkafeld.

Was es außer Windeln zu Beginn und gegen Ende eines ganzen Lebens noch für Parallelen gibt, wollen wir von Bewohnerin „Oma Ilse“ wissen.

Erinnerungen an die Kindheit

Die antwortet auf die Frage, ob man mit zunehmendem Alter wieder zum Kinde wird, ohne mit der Wimper zu zucken: „Woher soll ich das wissen? So alt bin ich ja noch nicht.“

Danke, Ilse. Ganz viel Seifenblasen-Liebe dafür.

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