Ist eine nordburgenländische Firma in Abgabenbetrug verwickelt?

Ein Gerichtssaal mit Richtern, Anwälten und Zuschauern.
Rund 1,5 Millionen Euro sollen beim Finanzamt fehlen. Der Firmenchef bestreitet alle Vorwürfe.

Dass ein Unternehmen aus Frauenkirchen (Bezirk Neusiedl am See) mit der Signa-Gruppe und Rene Benko verglichen wird, ist nicht alltäglich. Karl Mitterhöfer, Präsident des Landesgerichts Eisenstadt, stellte diesen Vergleich im Prozess gegen einen 48-jährigen Ungarn an. Dessen Firmenstruktur sei ähnlich undurchsichtig gewesen wie jene des Immobilieninvestors. 

➤ Mehr aus dem Gericht: Urteilsspruch im Burgenland nach Entführung von Sohn

Laut Finanz fehlen rund 1,5 Millionen Euro an Abgaben. Darüber liege ein rechtskräftiger Bescheid vor. Die Steuerschuld sei durch fehlende Umsatzsteuervoranmeldungen in den Jahren 2014 bis 2017 entstanden. 

Der Mann bestreitet jegliche Schuld. Für das Gericht und vor allem für die beigezogene Dolmetscherin wurde die Verhandlung am Dienstag zum Härtefall. Immer wieder musste Wirtschafts- und Buchhaltungsjargon übersetzt werden.

Auch Ungarn ermittelt

Neben einem fachkundigen Beamten, der Staatsanwältin und einer Verteidigerin waren auch ein ungarischer Steuerexperte und ein ungarischer Rechtsanwalt in den Verhandlungssaal geladen. Denn auch in Ungarn ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Mann und 67 weitere Angeklagte

Immer wieder versuchte der Ungar Richterin Birgit Falb und den beiden Schöffen zu erklären, wie das Firmengeflecht aufgebaut und warum das so notwendig ist. Die Kurzfassung: Der IT-Großhändler will Umsatzsteuer sparen. Doch wie das gehen soll, ist an Komplexität kaum zu überbieten.  

Firma über Firma über Firma

Über eine Broker-Website sollen die Bestellungen bei der Firma in Frauenkirchen eingehen.  Dort sitzt aber fast nie jemand am Schreibtisch, vier Mitarbeiter einer anderen GmbH nehmen die Aufträge gegen Honorarnoten entgegen und verteilen sie an drei weitere Subunternehmen in Ungarn. 

Dann kommen die Teile in ein Lager im zweiten Wiener Gemeindebezirk und von dort in die EU-Länder. „Innergemeinschaftlicher Erwerb“ heißt das Stichwort, auf das der Ungar seine steuerfreien Warenbewegungen stützt.  

Prozess vertagt

Die Finanz bezweifelt dies, angeblich würden Waren auch wieder nach Ungarn zurückfließen und die Firmengruppe sei bewusst komplex aufgebaut, um dies zu verschleiern. Die große Frage ist, ob eine mögliche Strafe in Ungarn oder in Österreich fällig wird. Denn der Mann kann für die mögliche Tat nur in einem EU-Staat bestraft werden. 

Der Prozess wurde auf März vertagt, man wartet auf den aktuellen Stand des Verfahrens in Ungarn. Die Akten seien zwar da, aber nicht übersetzt. Außerdem sollen bis zu zehn Zeugen geladen werden.

Kommentare