Der rote Parteimanager Roland Fürst wollte der ÖVP diesen milden Blick auf den Sonntag aber „nicht durchgehen lassen“, denn die Volkspartei „ist klarer Wahlverlierer“. Sein Chef, LH Hans Peter Doskozil, sprach von einem „historischen Wahlergebnis“, das möglich geworden sei, weil „die Bevölkerung unser Koalitionspartner ist“.
Zumindest konnten die Genossen die Bevölkerung mehr überzeugen und stärker mobilisieren als die Volkspartei. Weil die ÖVP bei den Gemeinderats- und den Bürgermeisterwahlen zumindest so viel verloren wie die SPÖ dazugewonnen hat, beträgt der Abstand zwischen den beiden Parteien nunmehr jeweils rund zehn Prozentpunkte. Die SPÖ hat auch in allen sieben Bezirken die Nase vorn, 2017 waren noch drei Bezirke türkis. Türkiser Bundesparteichef war damals Sebastian Kurz. Und heute: „Der Gegenwind, der derzeit der ÖVP entgegenweht, ist auch im Burgenland nicht ganz spurlos an uns vorübergegangen“, meinte Sagartz.
Seit 2015 sitzt die ÖVP nicht mehr in der Landesregierung, seit 2020 sieht sie sich einer absolut regierenden SPÖ gegenüber und seit Sonntag hat auch ihre letzte verbliebene Machtbasis in den Gemeinden unübersehbare Risse bekommen. Sollte man angesichts dieser Serie an Tiefschlägen nicht ein Aufbäumen erwarten? Natürlich sei es „nicht erfreulich, dass der Abstand zur SPÖ größer geworden ist“, räumte Sagartz erst auf mehrmaliges Nachfragen ein und es müsse die Partei „nachdenklich stimmen“, dass sie zehn Ortschefs an die SPÖ verloren habe. Gravierende Änderungen etwa bei Strategie oder Personalauswahl sind aber offenbar kein Thema. Auch im ÖVP-Landesparteivorstand war kein Aufschrei zu vernehmen, wurde berichtet.
Die ÖVP, so scheint‘s, will die rote Dominanz durchtauchen, ohne zu wissen, wie lange die noch andauert und wann von der Bundespartei wieder Rückenwind kommt.
Die SPÖ schmiedet indes schon Pläne, die größere Machtfülle zu nutzen. Weil die Zahl der Gemeinden mit roter Mehrheit von 75 auf 84 gestiegen sei, könnte der von Doskozil ersonnene Mindestlohn von 1.700 Euro netto bald in weiteren Kommunen beschlossen werden, frohlockte Erich Trummer, Neutaler Bürgermeister und Präsident des SPÖ-Gemeindevertreterverbandes. Schon jetzt gilt der rote Mindestlohn in 135 der 171 Gemeinden, auch viele ÖVP-Bürgermeister konnten oder wollten sich dem roten Projekt nicht verschließen.
In gut zwei Jahren stehen wieder Landtagswahlen ins Haus. „Mit dieser Basis gehe ich davon aus, dass wir sehr gut in die Landtagswahl starten werden“, sagt Doskozil.
Und Sagartz? Besser nicht fragen.
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