Nach Unfall zurückgekämpft: Comeback des "Weltumradlers"

Edwin Schmidt an der Grenze zwischen Indischem und Atlantischem Ozean.
Als der KURIER zum letzten Mal von Edwin Schmidts beispielloser Weltreise mit dem Fahrrad berichtete, war noch alles gut. Zur Weihnachtszeit 2023 hatte der Strebersdorfer den Afrikanischen Kontinent durchquert und stand kurz vor dem Ziel: Kapstadt.
Zu diesem Zeitpunkt befand sich Edwin Schmidt bereits seit über fünf Jahren auf Weltreise, sein treues Reisefahrrad hatte 93.782 Kilometer auf dem Tacho, zahllose Widrigkeiten auf fünf Kontinenten hatte er bezwungen und hinter sich gelassen. Nach dem Erreichen seines Ziels am Südzipfel Afrikas wollte der Mittelburgenländer endlich nach Hause zurückkehren.
Doch dann: Funkstille. Mehr als eineinhalb Jahre lang war nichts von Edwin Schmidt zu hören oder zu lesen.
Der Unfall
Versuche der Kontaktaufnahme blieben unbeantwortet. Bis sich der Strebersdorfer vor wenigen Wochen wieder beim KURIER meldete und das Rätsel auflöste: "Es geschah im Dezember unweit von Kapstadt. Ein rücksichtsloser Lkw-Fahrer hat mich auf dem Seitenstreifen gerammt, ja förmlich von der Straße gefegt! Ein Augenzeuge sagte, mein Flug durch die Lüfte war spektakulär".

Schmidts Fahrrad nach dem Unfall.
Dass er den Unfall überhaupt überlebte, führt der 59-Jährige auf seine körperliche Fitness und den stabilen Rahmen seines Fahrrads zurück. Aber er erleidet schwere Verletzungen, an Radfahren ist vorerst nicht zu denken.
Edwin Schmidts ursprünglicher Plan, seine Blessuren vor Ort auszukurieren, scheitert daran, dass seine Aufenthaltsbewilligung für Südafrika inzwischen abgelaufen ist. Notgedrungen tritt er im Jänner 2024 also den Heimflug nach Österreich an - eine schmerzvolle Erfahrung, nicht nur aufgrund der Verletzungen.
Das treue Fahrrad bleibt schwer beschädigt in Südafrika zurück, eingelagert bei einem Bekannten.
Zuhause im Mittelburgenland angekommen, hat Edwin Schmidt nicht nur mit einer qualvoll langsamen Genesung, sondern auch mit privaten Problemen zu kämpfen - die den Rahmen eines Zeitungsartikels sprengen würden. So beschreibt Schmidt selbst seine damalige Gemütslage: "Ich fühlte mich wie ein verwundeter Adler, der in die Freiheit davonfliegen möchte, aber aufgrund eines verletzten Flügels dazu verdammt ist, für den Rest seines Lebens im Hühnerstall zu sitzen".
Der Entschluss
Nach einem dunklen Jahr, 15 zugenommenen Kilos und "von der Top-Fitness eines Langstreckenradlers kaum noch etwas übrig", wie Schmidt heute selbst sagt, fasst er Anfang 2025 einen Entschluss: "Bevor das Fahrzeug nicht an seinen Ausgangspunkt zurückkehrt, ist die Weltumrundung, genau genommen, nicht abgeschlossen."
Der Mittelburgenländer kauft sich also ein Flugticket und kehrt nach Südafrika zurück. Der Plan: Das havarierte Fahrrad aus der Garage holen und nach Hause bringen. Doch im Flugzeug fliegt auch ein Funke Hoffnung mit, der dem Extremsportler ins Ohr flüstert: "Vielleicht lässt sich das Wrack in Südafrika reparieren... und dann?".

Über ein Jahr später kehrte Schmidt an den Unfallort zurück - und fand Teile seines zerstörten Fahrrades.
Um es kurz zu machen: Gemeinsam mit einem kompetenten Werkstattbesitzer gelingt es tatsächlich, das Reisefahrrad wieder auf Vordermann zu bringen. Auch Schmidt selbst findet nach einigen Testfahrten schnell zu alter Form zurück - und plant bereits die nächste waghalsige Reise.
Phönix aus der Asche
Im südafrikanischen Spätsommer - im Februar und März 2025 - bricht Edwin Schmidt in den "Wilden Osten", die Region Eastern Cape, auf. Das alte Ziel, die Fahrrad-Weltreise in Südafrika zu beenden, hat der 59-Jährige ad acta gelegt. Als er sich beim KURIER meldet, weilt er in Mosambik und berichtet von neuen, positiven Erlebnissen: "Wo immer ich mit meinem voll beladenen Gefährt auftauchte, war ich das Objekt von Neugier und enthusiastischem Interesse. Oft ergaben sich tiefgründige Gespräche".
Im Mai 2018 trat der gelernte Maschinenbau-Konstrukteur erstmals in die Pedale, um von der Rabnitz nach China zu radeln. Seither überquerte er drei Mal den Äquator: In Asien, Amerika und Afrika.
Der Tachostand des treuen Reisefahrrads heute: 99.908 Kilometer. Wobei Schmidt mit ungebrochenem Ehrgeiz anmerkt: "Durch die unfreiwillige Auszeit vom Radeln 2024, sind wir mindestens 20.000 Kilometer im Rückstand, die es aufzuholen gilt. Das reicht für einen weiteren Kontinent!"
Das Ziel der Reise: unbekannt.
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