Mattersburg gräbt tief und baut neu: "Wollen nicht zu schnell wachsen"

Die Stadt Mattersburg ist aufgrund der zentralen Lage und des vielfältigen Angebots das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Bezirks.
von Sophie Mantler
Im März wurden in der Bezirkshauptstadt Mattersburg zwei bedeutende archäologische Funde gemacht: das Grab einer Frau aus dem fünften Jahrtausend vor Christus sowie das einzig bekannte Gräberfeld in Österreich aus dem dritten Jahrtausend vor Christus – mitten im Stadtzentrum.
Somit gibt es einen weiteren Beleg, dass Menschen schon in der Jungsteinzeit dort siedelten, wo heute die Stadt Mattersburg steht. "Hier hat man sich also schon immer gern aufgehalten", bringt Bürgermeisterin Claudia Schlager (SPÖ) im Gespräch mit dem KURIER den historischen Fund in die Gegenwart.
Mit 7.527 Einwohnerinnen und Einwohnern in der Stadt sowie 823 Menschen in der Katastralgemeinde Walbersdorf ist Mattersburg die viertgrößte Stadt des Burgenlands. Behutsam, aber zukunftsorientiert – unter diesem Motto soll die Innenstadt weiterentwickelt werden.
Stadtbus
Als Meilenstein der Stadtentwicklung gilt der elektrisch betriebene Stadtbus "MABU", der in etwa 20 Minuten durch das Stadtzentrum fährt und für bis zu 26 Personen Platz bietet.
Wahrzeichen
Das 250 Meter lange Eisenbahnviadukt, das 1847 errichtet wurde, gilt als Wahrzeichen der Stadt und steht unter Denkmalschutz.
7.527 Menschen
leben in der Bezirkshauptstadt Mattersburg. Seit 1972 ist die Katastralgemeinde Walbersdorf ein Teil der Stadtgemeinde.
"Wir wollen nicht zu schnell wachsen und für die Stadt geeignete Infrastruktur planen", sagt Schlager. In diesem Jahr steht vor allem die Neugestaltung des Brunnenplatzes, der Gustav-Degen-Gasse sowie der Judengasse im Fokus der Bemühungen. Letztere galt einst als florierende Einkaufsstraße, ist heute jedoch von Leerstand geprägt.
Das Leerstandsproblem, mit dem viele burgenländische Gemeinden kämpfen, soll zum einen durch die 2019 eingeführte Wirtschaftsförderung bekämpft werden. Jungunternehmen werden mit Zuschüssen von bis zu 1.000 Euro für Beratungsleistungen und Marketing unterstützt. Außerdem gibt es für die Wiederöffnung von Lokalen eine Förderung von 50 Prozent der Nettomiete für die ersten drei Monate. Insgesamt gibt es in Mattersburg rund 500 Unternehmen. Kurzfristig kann sich die Bevölkerung auf die Wiedereröffnung des Florianihofs freuen.
Chancen und Probleme
Einen Steinwurf von der Judengasse entfernt liegt das sogenannte Pucher-Areal in der Michael-Koch-Straße. Aktuell im Besitz der Wohnbaugenossenschaft BWSG, wird seit Jahren über das Areal diskutiert. Das Grundstück, auf dem ein modernes Rathaus, eine Polizeistation, Wohnungen sowie Geschäfte und Lokale errichtet werden sollen, gehört zu den letzten frei verfügbaren Flächen im Mattersburger Zentrum.
Der ehemalige Commerzialbank-Chef Martin Pucher plante einst ein groß angelegtes Impulszentrum. Doch nach der Insolvenz der Bank 2020 wechselte das rund 12.000 Quadratmeter große Grundstück mehrfach den Besitzer und gehört nun der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft BWSG. 2022 wurde ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben – ein städtebauliches Konzept sollte entstehen, das Wohnen, Arbeiten und öffentliche Einrichtungen sinnvoll miteinander verbindet.
Die ersten Teilbebauungspläne lösen 2023 jedoch Widerstand aus: Die Bürgerinitiative "Lebenswertes Mattersburg" forderte mehr Transparenz und Mitbestimmung über das weitere Vorgehen und eine „menschenfreundliche“ Planung. Die Mitglieder sprechen sich gegen ein "Betonviertel" aus und wollen ein zum Stadtbild passendes Areal mit mehr Grünflächen, umgesetzt unter Einbeziehung von Experten.
Ende 2023 wurde ein neuer Teilbebauungsplan erstellt, genehmigt von der Landesregierung im Juni 2024. Für die Bürgerinitiative finden sich darin nur einige der vorab versprochenen Adaptierungen.
Nächster Schritt in der Angelegenheit ist der Architektenwettbewerb für das neue Rathaus. "Die Beteiligung der Bevölkerung ist immens wichtig, um ein Wohlfühlen für alle zu garantieren", sagt Bürgermeisterin Schlager. Es brauche eine gewisse Zufriedenstellung aller Beteiligten, um durch die Umgestaltung des Areals eine Belebung der Innenstadt zu erreichen.
Konkrete Schritte zur Weiterentwicklung – etwa im Bereich der Verkehrsanbindung oder der Baudichte – sind aber nach wie vor umstritten. Obwohl die Meinungen über die Zukunft des Areals auseinandergehen, ist man sich in einem Punkt einig: der Bedeutung der Fläche für die weitere Entwicklung der gesamten Innenstadt. Vor allem auch dank der Nähe zur eingangs erwähnten und ehemals florierenden Judengasse.
Die richtige Balance
"Mir ist es ein großes Anliegen, dass der Wohlfühlfaktor in der Stadt erhalten bleibt", sagt Schlager und verweist auf die Modernisierung der Innenstadt, bei der die Errichtung von Grünflächen im Fokus steht. So setzte die Stadt bereits mit der Eröffnung des Jubiläumsparks im vergangenen Jahr ein Zeichen für mehr klimafreundliche Grünräume in der Innenstadt.
Die Bürgermeisterin spricht von einer guten Balance aus Veränderung und Bewahrung; schlussendlich sollen Lösungen gefunden werden, mit denen sich möglichst viele Menschen anfreunden können. "Wie die anderen burgenländischen Städte sind auch wir geprägt von einem gewissen dörflichen Charme", sagt Schlager. "Das Dorfleben in unserer Stadt trägt zur Lebensqualität bei." Deshalb soll in Zukunft weniger die Ausweitung der Stadt im Fokus stehen, sondern die Pflege der schon bestehenden Gebiete entsprechend vorangetrieben werden.
Denn Mattersburg war schon vor Jahrtausenden ein Ort, an dem Menschen gerne lebten und ihre Spuren hinterließen. Die anstehenden Entscheidungen zur Belebung der Innenstadt werden das Leben in der Bezirkshauptstadt für weitere Jahrzehnte nachhaltig prägen.
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