Nur Vorzugsstimmen entscheiden: Die Letzten können die Ersten sein

Nur Vorzugsstimmen entscheiden: Die Letzten können die Ersten sein
Die Reihung der Kandidaten auf dem Stimmzettel ist bloß noch Vorschlag der Parteien, die Wähler können alles durcheinander würfeln. Darauf hoffen Kandidaten auf den hinteren Rängen

Günter Kovacs hat den Höhepunkt seiner Karriere vermutlich schon hinter sich. In der ersten Jahreshälfte 2023 erlebte der Eisenstädter als Bundesratspräsident die Wiedereröffnung des generalsanierten Parlaments an vorderster Front mit. 

Kovacs wurde die Ehre zuteil, an der Seite des damaligen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka und des – mittlerweile verstorbenen – früheren deutschen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble die Festsitzung zu leiten. 

Keine zwei Jahre später ist der 56-jährige Kovacs weit hinten statt ganz oben.

Bei der Nominierung der SPÖ-Kandidaten für die Landtagswahl im kommenden Jänner musste der frühere langjährige Landtagsabgeordnete und Vizebürgermeister auf der Eisenstädter Bezirksliste mit Rang acht vorliebnehmen.

Dass Bundesrat Kovacs trotzdem frohgemut und zuversichtlich ist, den Einzug in den Landtag zu schaffen, liegt an einer Änderung der Landtagswahlordnung durch SPÖ und ÖVP im Dezember 2021. 

Seither heißt es in § 77, Absatz 1: „Die (...) auf die Partei entfallenden Mandate sind den Wahlwerbern der Wahlkreisliste dieser Partei in der Reihenfolge der von ihnen erreichten Vorzugsstimmen zuzuweisen“

Mit anderen Worten: Die von den Parteien vorgenommenen Reihungen auf den Stimmzetteln sind nicht mehr als Empfehlungen. Die Zuteilung der Mandate auf der Wahlkreisebene richtet sich einzig nach der Anzahl der Vorzugsstimmen. 

Beim Urnengang 2020 galt noch ein Mischsystem aus Wahlpunkten und Vorzugsstimmen. 

Nur Vorzugsstimmen entscheiden: Die Letzten können die Ersten sein

Kovacs (re.) als Bundesratspräsident Anfang 2023 mit NR-Präsident Wolfgang Sobotka und dem früheren deutschen Minister und Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble im Parlament

Bei der kommenden Wahl im Jänner könnte Kovacs am Ende also auch die top-gereihten roten Granden Astrid Eisenkopf (LH-Stellvertreterin), Landtagspräsident Robert Hergovich und die Bürgermeister von Siegendorf und Oggau, Rita Stenger und  Thomas Schmid, überrunden.

Kovacs kann wahlkämpfen, 2022 gelang ihm bei der Gemeinderatswahl in Eisenstadt der Sprung von Platz 58 auf zwei und die Rückkehr in den Gemeinderat. Er sei „dankbar“, dass er auf der Bezirksliste nominiert wurde, sagt Kovacs. Und es klingt aufrichtig. 

Aktuell verfügt die SPÖ im Bezirk über drei Mandate. Neben Hergovich und Stenger sitzt Schmid im Landtag, weil Eisenkopfs Mandat nach dem Wechsel auf die Regierungsbank frei wurde. 

Insgesamt hat die SPÖ 2020  15 ihrer 19 Mandate auf Bezirksebene eingefahren, vier im zweiten Ermittlungsverfahren auf Landesebene.

Noch spannender könnte es im Bezirk Oberwart werden. Die rote Reihung  dort: Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, Landesrat Leonhard Schneemann, LAbg. Doris Prohaska, Ex-Nationalrat Christian Drobits, Olivia Kaiser und LAbg. Christian Dax

Vor fünf Jahren erreichte die SPÖ drei Mandate im Bezirk, die an Kurt Maczek (kandidiert nicht mehr), Prohaska und Dax (Vorzugsstimmenmandat) gingen. 

Mit Maczek ist ein Vorzugsstimmensammler ausgeschieden, mit Schneemann und Drobits kamen aber zwei dazu.

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