"Gefahr in Verzug": Bürgermeister gegen Biber und das Land

Von Gernot Heigl
Höhlengrabende Biber sind für Bürgermeister Hans Unger (ÖPV) ein rotes Tuch, weil sie verantwortlich für massive Schäden an Güterwegen seien. Deshalb herrsche „Gefahr in Verzug“ und deshalb pfeift der Ortschef von Oberschützen auf behördliche Ablehnung und will die Dämme des Nagetiers trotzdem entfernen lassen. Notfalls nach einem Gerichtsstreit gegen das Land.
Bei einem Lokalaugenschein konnte sich der KURIER selbst ein Bild der „Biber-Zerstörung“ machen. Gemeinsam mit Unger ging es an den Seraubach in Unterschützen.
Güterwege mit „Tunnel“
Das erste von „zahlreichen Löchern“, wie Unger erzählt, ist wenig beeindruckend: eine kleine Höhle seitlich vom Bankett eines befestigten Güterweges. Aber kaum 50 Meter weiter zeigt sich bereits das erste richtig große Loch im Boden. Bei der Begutachtung dieser Stelle bricht sogar ein Teil des Banketts ein, inklusive Reporter.
Im Loch zeigt sich ein Höhlengang, dessen Ende nicht ersichtlich ist und somit mindestens bis in die Mitte der Schotterfahrbahn reicht, die sowohl von Traktoren und schweren landwirtschaftlichen Maschinen stark frequentiert wird, als auch von Radfahrern. „Nicht auszudenken, was passieren kann, wenn der Güterweg einbricht und gerade ein Traktor oder Radler darüber fährt. Es besteht Verletzungsgefahr und es kann zu Sachschäden kommen. Da die Gemeinde für die Erhaltung verantwortlich ist, also als Wegeerhalter auch die Haftung hat, hört sich für mich der Spaß auf“, erklärt Hans Unger.

Die Biber verursachen massive Schäden an Güterwegen. Die Folge: hohe Kosten für die Gemeinde.
Schadenersatzleistungen seien kostspielig, unlängst musste eine Autofelge nach einer Fahrt durch ein Schlagloch ersetzt werden. „Wir müssen zahlen, aber das tue ich unserer Ortsbevölkerung nicht mehr an.“ Grundsätzlich habe er nichts gegen den Biber, aber dann dürfe dieser keine Gefahr sein. „Solche Plätze gibt es auch bei uns. Um aber die gefährliche Situation entlang des Seraubaches zu entschärfen, müssen die Futter- und Wohndämme weg.“
Deshalb hat der Ortschef am 1. April 2025 ein „Ansuchen um Ausnahmegenehmigung für die dauerhafte Entfernung von Biberdämmen“ an die Abteilung 4 im Land, Naturschutz, geschickt. Mit dem Hinweis, dass es „wegen des stetig ansteigenden Nestbaues der Biber zu massiven Schäden durch Untergrabungen gekommen ist“, daher ein erhöhtes Sicherheitsrisiko bestehe und die Gemeinde ein sicheres Befahren nicht mehr garantieren könne.

Die schriftliche Reaktion der Behörde ließ bis zum 22. Mai auf sich warten und verwies auf das Gutachten eines Sachverständigen für Naturschutz. Die Botschaft: „Dieser spricht sich gegen eine Entfernung von Biberdämmen (Wohndämmen) innerhalb der Fortpflanzungszeit aus. Ihr Ansuchen musste daher abgewiesen werden.“ Um eine weitere Stellungnahme der Gemeinde wurde ersucht.
Gemeinde kontert
Die erfolgte zum 10. Juni und hat es in sich: „… teilt die Gemeinde mit, dass die enthaltenen Ausführungen aus der Sicht der Gemeinde in wesentlichen Punkten nicht zur Kenntnis genommen werden können.“
Weiters heißt es: „… wenn neuerlich Biberdämme entstehen oder bestehende Bauten weitere Schäden verursachen, behält sich die Gemeinde vor, im Fall akuter Gefahr in Verzug unverzüglich Maßnahmen zu setzen – einschließlich der Entfernung von Dämmen – auch ohne vorherige Zustimmung des Bibermanagements. Eine Verzögerung solcher Maßnahmen ist unzumutbar, da sie nicht nur ein erhebliches Risiko für die Bevölkerung darstellt, sondern auch die Gemeinde einer potenziellen Haftung aussetzt.“

Bürgermeister Hans Unger: „Wenn das Land die Entfernung der Biberdämme ablehnt, dann möge die Behörde das mit einem Bescheid tun. Denn dann ziehe ich vor Gericht, schöpfe alle Rechtsmittel aus und klage das Land.“
Bürgermeister Hans Unger: „Wenn das Land die Entfernung der Biberdämme ablehnt, dann möge die Behörde das mit einem Bescheid tun. Denn dann ziehe ich vor Gericht, schöpfe alle Rechtsmittel aus und klage das Land.“
Land: „Unredlich“
Auf Anfrage des KURIER reagierte das Amt der Burgenländischen Landesregierung mit folgendem Statement: „Der Biber gehört zu den europaweit streng geschützten Arten. (...) Es ist verboten, ihnen nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Die Entfernung von Biberdämmen bedarf in der Regel eines behördlichen Verfahrens. Interessenkonflikte werden im Burgenland seit zehn Jahren erfolgreich vom Bibermanagement des Landes geregelt. Dabei hat sich gezeigt, dass in fast allen Fällen gute Lösungen ohne Umsiedlung oder sogar Tötung von Bibern möglich sind. Häufig tragen Biber sogar zum Wasserrückhalt bei. Es ist unredlich, Verzögerungen beim Hochwasserschutz in Unterschützen dem Naturschutz anzulasten. Das Projekt wurde über Jahre durch die Verhandlungen mit Grundstücksbesitzern verzögert. Die Gemeinde hat erst Anfang April den Antrag auf eine Bewilligung nach dem Naturschutzgesetz eingebracht, um den Biberdamm zu entfernen. Das Verfahren wird zügig geführt, damit Verbesserungen beim Hochwasserschutz rasch umgesetzt werden können.“
Ein Rechtsstreit zwischen der Gemeinde und dem Land scheint – zumindest derzeit – unausweichlich.
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