Commerzialbank: Prozess endete mit Schuldspruch, Diversion und Vertagungen

Gedränge auf dem Weg zum größten Verhandlungssaal des Landesgerichts Eisenstadt.
Zusammenfassung
- Eine 79-jährige Frau und zehn weitere Personen stehen vor Gericht, weil sie nach der Pleite der Commerzialbank Mattersburg die Einlagensicherung getäuscht haben sollen.
- Die Frau übergab ihrem ehemaligen Bankberater neun Sparbücher, die er mit Hilfe von Bekannten einlöste, um mehr als 100.000 Euro für sie zu sichern.
- Alle Angeklagten bekannten sich schuldig, betonten jedoch, dass ihnen nicht bewusst war, dass ihr Handeln illegal war, und plädierten auf Diversion.
Eine ehemalige Kundin der Commerzialbank Mattersburg, ihr früherer Bankberater und neun Bekannte von diesem sind am Mittwoch in Eisenstadt vor Gericht gestanden, weil sie nach der Pleite der Bank die Einlagensicherung getäuscht haben sollen.
Die 79-Jährige gab mehrere Losungswortsparbücher an ihren Bankberater weiter, der diese mit der Hilfe seiner Bekannten für sie einlöste. Dadurch erhielt die Frau mehr als die von der Einlagensicherung gedeckten 100.000 Euro zurück.
Über 100.000 Euro hinaus hätte die Pensionistin eigentlich kein Geld mehr von der Einlagensicherung bekommen. Für höhere Einlagen tragen die Kunden das Risiko selbst. Die Frau hatte jedoch auf neun Losungswortsparbüchern noch knapp 130.000 Euro in der Bank liegen - in 60 Berufsjahren hart verdientes Geld, das sie retten wollte. Dass das nicht rechtens sei, habe sie nicht gewusst, beteuerte die Angeklagte vor Gericht.
Früherer Bankberater löste Sparbücher ein und behielt "Provision"
Ihr ehemaliger Bankberater bei der Commerzialbank habe sie nach der Pleite angerufen und ihr gesagt, dass er ihr helfen könne. Sie habe ihm daraufhin die neun Sparbücher übergeben. Der 62-Jährige löste diese mit der Hilfe seiner neun mitangeklagten Bekannten ein, brachte der Pensionistin 99.500 Euro Bargeld und behielt den Rest als Provision. Mit den 99.500 Euro in der Tasche kam die 79-Jährige am Mittwoch ins Gericht, um den Schaden wiedergutzumachen und die Summe der Einlagensicherung zu übergeben.
Sie verstehe bis heute nicht, warum sie nur 100.000 Euro zurückbekommen hätte, meinte die Frau. Wenn ihr Handeln jedoch unrecht gewesen sei, übernehme sie dafür die Verantwortung. Sie gab auch an, sich im Vorfeld noch bei Bankangestellten, einer Hotline und bei Bekannten über die Auszahlung der Einlagensicherung erkundigt und angenommen zu haben, dass die Möglichkeit bestehe, die Losungswortsparbücher auf mehrere Personen aufzuteilen.
Verteidiger plädierten für Diversion
Neben der 79-Jährigen bekannten sich auch die zehn weiteren Angeklagten schuldig. Mehrmals verwiesen sie aber auf ein Interview mit dem Geschäftsführer der Einlagensicherung, Stefan Tacke, in dem dieser gesagt habe, dass Losungswortsparbücher auf mehrere Personen aufgeteilt werden können. Ihnen sei folglich nicht bewusst gewesen, dass sie gegen das Gesetz verstoßen.
Im Verfahren ging es ursprünglich um einen mittleren sechsstelligen Betrag, weil auch der Mann und die Tochter der Angeklagten ihre Sparbücher weitergegeben hatten. Beide ersparten sich jedoch den Prozess, weil sie Selbstanzeige erstatteten.
Die Befragung der Angeklagten wurde am Nachmittag unterbrochen und wird am Donnerstag fortgesetzt. Für Freitag ist der dritte und - zumindest vorerst - letzte Prozesstermin angesetzt.
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