Missbrauch beim Arzt? Mediziner steht neuerlich vor Gericht

Nahausnahme eines Stetoskops auf einem weißen Arztkittel
Prozess-Neuauflage in Eisenstadt: OGH gab Nichtigkeitsbeschwerde statt und hob Urteil auf. Der 48-jährige Arzt bekennt sich weiter nicht schuldig.

Ein burgenländischer Arzt ist am Dienstag erneut in Eisenstadt vor Gericht gestanden, weil er vier Patientinnen in der Aufwachphase nach einer Sedierung sexuell missbraucht haben soll.

Das Verfahren gegen den 48-Jährigen, das im Dezember 2022 zunächst mit einem Schuldspruch geendet hatte, wird neu verhandelt, weil das Urteil vom Obersten Gerichtshof (OGH) aufgehoben wurde. Der Chirurg und Allgemeinmediziner bekannte sich weiter nicht schuldig.

Der Mann war 2022 wegen sexuellen Missbrauchs von wehrlosen Personen zu drei Jahren Haft, zwei davon bedingt, verurteilt worden. Der OGH gab jedoch seiner Nichtigkeitsbeschwerde statt, weshalb das Verfahren neu aufgerollt wurde.

"Sexuelle Halluzinationen"

Nach Magen- und Darmspiegelungen soll der 48-Jährige zu den Patientinnen in den Aufwachraum gekommen sein und sie berührt haben. Er bestritt das vehement und sprach im ersten Prozess 2022 von „sexuellen Halluzinationen“, die mögliche Nebenwirkungen des zur Sedierung verwendeten Medikaments seien. 

Bei der Neuauflage des Verfahrens am Dienstag bekannte er sich weiter nicht schuldig, wollte aber keine Fragen mehr beantworten. 

Narkosemittel spielte bei der Aufhebung des Urteils wesentliche Rolle

Ein Sachverständiger erläuterte am Nachmittag, die Medikamente könnten als Nebenwirkung durchaus "Phänomene, dass jemand ein sexuelles Empfinden hat" hervorrufen. Negative Erfahrungen wie jene der vier Frauen seien in der Medizin bekannt.

Auffällig sei jedoch die zeitliche Häufung der Fälle zwischen Juli und September 2021, hielten die beiden Richterinnen fest. Davor und danach habe es solche Vorwürfe nicht gegeben. Diese Häufung könne er pharmakologisch und anästhesiologisch nicht erklären, meinte der Gutachter. 

Das Narkosemittel spielte auch bei der Aufhebung des ursprünglichen Urteils eine wesentliche Rolle. Der OGH sah nämlich nicht ausreichend berücksichtigt, dass das Medikament laut Gutachter sexuelle Fantasien und Träume verursachen könne. Außerdem seien keine DNA-Spuren gefunden worden und die Frauen hätten teilweise ausgesagt, dass sie sich nicht ganz sicher seien, ob es tatsächlich zu einem Übergriff gekommen sei. 

Das Schöffengericht hatte beim mittlerweile aufgehobenen Urteil mit der Glaubwürdigkeit der Frauen und der zeitlichen Häufung der Fälle argumentiert. Bei der Neuauflage entscheidet nun ein neuer Schöffensenat. Am Mittwoch sollen weitere Zeugen befragt werden. Ein Urteil ist für den Nachmittag geplant.

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