"Tausendsassa" Elisabeth Längle: Mode, Mut und Moderne

Von Vanessa Halla
Man weiß nicht, wo man anfangen soll – und auch nicht, wie. Wie bringt man ein ganzes Leben, das Geschichten für zwanzig liefert, auf eine Seite Papier. Unmöglich.
Elisabeth Längle hat vor wenigen Tagen ihren 83. Geburtstag gefeiert. 1942 wurde sie mitten in den Zweiten Weltkrieg hineingeboren – in Kiew. Die Volksschule besuchte sie bereits in Österreich und absolvierte als Sechsjährige schon ein Sprachtraining mit dem Burgschauspieler Albin Skoda.
Drei Dinge
Mit zehn Jahren hält sie auf Wunsch ihres damaligen Religionslehrers Franz König, dem späteren Erzbischof von Wien, Lesungen im Dom zu St. Pölten. „Es gibt nur drei Dinge, die meinen Berufsweg vorgegeben und stets gesteuert haben: Sprache, Organisation und das Schreiben“, sagt Elisabeth Längle, die nie in den Ruhestand getreten ist.
Pionierin & Tausendsassa
Ihr Organisationstalent erlernt sie als Teenager. „Ich habe Nachhilfe gegeben und als Kindermädchen der damaligen Prinzen von Saudi-Arabien gearbeitet. Die waren über den Sommer in Österreich. Von daher stammt auch meine Liebe zum Orient, deretwegen ich von 1998 bis 2002 in Kairo gelebt und gearbeitet habe. Früh erkannt zu haben, wie kostbar Zeit ist, das war sehr wichtig.“
Aber kurz noch zurück in der Längleschen-Zeitrechnung, ins Jahr 1960, wo die damalige Maturantin einen Fulltime-Job in einer Vermögensverwaltung hatte. „Ich habe Briefe an jüdische Klienten verfasst, um sie über den Zustand ihrer Häuser zu informieren und dabei mein Talent zum Schreiben entdeckt.“
Kollision mit Folgen
Längle studierte Wirtschaftswissenschaften in Wien und Moskau, überlebt dort einen Flugzeugabsturz in eine Teeplantage und wird dann auf der Skipiste von der Liebe getroffen. „Mein heutiger Ehemann hatte mich über den Haufen gefahren. Als ich am Boden lag, beugte er sich über mich und fragte ,Kann ich etwas für sie tun?‘ Da meinte ich: ,Ja, sie können mich heiraten.‘ Das hat er dann auch gemacht“, erzählt sie lachend.
Elisabeth Längles weiterer Weg führt sie nach Vorarlberg und von dort in die Welt der Mode. Schon in den Sechzigerjahren ist sie in der Textilindustrie tätig, ehe sie als Journalistin und Publizistin Karriere machte.
Die Frau mit der Energie einer ganzen Volksschulklasse hatte immer schon ihre eigene Art und Weise, Dinge anzupacken. „1964 ergatterte ich eine Stelle im Marketing der Getzner Textilwerke, indem ich mich als Mann ausgab. Und weil mir die Hemden, die aus den Stoffen dort gefertigt wurden, nicht gefielen, bin ich kurzerhand mit einem Koffer voller Stoffe nach Paris geflogen. Damit habe ich bei den Ateliers der größten Designer ihrer Zeit angeklopft – von Yves Saint Laurent bis hin zu Pierre Cardin. Der war sehr amüsiert, von dem 22-jährigen Mädel, das da vor seiner Tür stand. Am Ende des Tages war ich alle Stoffe los.“
Elisabeth Längle war schon immer eine Macherin. Es interessierte sie nie, so der Tausendsassa, Erste in einem Unternehmen zu sein, sondern „die Erste von etwas Neuem“. Das Angebot, Chefredakteurin der Deutschen Vogue zu werden, lehnte sie deshalb dankend ab.
Homeoffice im Jahr 1972
Die Mutter dreier Kinder forderte bereits 1972, als wohl erste Frau in Österreich, Homeoffice ein. „Anders wären Beruf und Familie nicht vereinbar gewesen. Außerdem reisten meine Kinder mit zu den Jobs rund um die Welt. Ich hatte immer nur ein schwarzes Kleid im Gepäck, der Rest ging für Windeln drauf.“
Österreichs Szene-Doyenne der Mode bestimmte, was Trend wurde, brachte Modeschöpfer von Jean Paul Gaultier bis Christian Lacroix nach Österreich und verhalf nicht nur der heimischen Textilindustrie, sondern auch Designer Helmut Lang zum Erfolg.
Liebe zum Südburgenland
Und da sind wir nun, 83 „Elisabeth Längle-Lebensjahre“ später, im südburgenländischen Rotenturm, das seit 13 Jahren ihr zweites Zuhause ist. „Ich hatte ein Haus mit Arkaden gesucht und wurde fündig. Das Haus stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert und war in einem desaströsen Zustand, aber nach nur elf Monaten Renovierungsarbeiten gab ich das Einweihungsfest. Ich mag das Südburgenland sehr. Seine Menschen, die Weite des Landes, die Vielfältigkeit darin – hier fühle ich mich zuhause.“
Auf die Frage, wie man es schafft, so viel Leben in 24 Stunden zu packen, antwortet die 83-Jährige: „Meine Zeitrechnung ist einfach: Wenn möglich, schlafe ich acht Stunden, dann bleiben 16 Stunden zum Arbeiten. Die Freude an der Arbeit gibt mir die dafür nötige Energie und ich hatte das große Glück, immer gesund gewesen zu sein. Ich habe nie gesucht, alles ist mir zugeflogen. Was man im Leben braucht, ist Glück, denn ohne Glück hilft alles nichts.“
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