"Job ist wie Urlaub": Mama geht arbeiten

Gearbeitet hat sie schon von klein auf gerne – am liebsten mit Menschen. Als Kind von Gastronomen war der Weg dazu wohl vorgegeben. „Ich stamme aus Kroatien, meine Familie ist während des Bürgerkrieges nach Österreich geflüchtet, da war ich zwei Jahre alt. Wir hatten nichts, aber meine Eltern haben sich bald etwas aufgebaut. Mein Papa ist Gastronom seit ich denken kann und ich habe schon als Kind mitgeholfen. Die Kundschaft bewirten, schauen, dass sie zufrieden das Lokal verlassen, das war auch mir immer schon wichtig. Es war eine schöne und fordernde Zeit, ich habe immer nach Schnitzel gerochen und viele Leute kennengelernt“, erzählt die heute 35-jährige Mama von zwei kleinen Kindern.
Nach der Matura studiert Sabina Loidl Kunstwissenschaften, nebenher arbeitet sie in einer Buchhandlung. Nach einem Jahr war klar: „Ich werde Buchhändlerin. Zur echten Leseratte bin ich erst über meine Arbeit geworden. Der Beruf ist sehr vielfältig, von der Literatur bis hin zum Einmaleins der Buchbranche lernst du alles.“
Pfortaderthrombose
Im Bezirk Oberwart kennen und schätzen Kunden Sabina Loidl seit vielen Jahren, in denen sie im Einkaufszentrum Oberwart, in den dort ansässigen Buchhandlungen, mit Rat und Tat zur Seite steht. „Ich liebe es, mit meiner Kundschaft nach Büchern oder Titeln zu recherchieren, die zunächst nicht so leicht zu finden sind. Aber auch die Tischgestaltung und natürlich die Kundenberatung liegt mir sehr am Herzen. Wenn jemand das richtige Buch für einen speziellen Anlass sucht – bei sowas blühe ich auf.“
Heute bleibt der sympathischen jungen Frau kaum mehr Zeit für den Beruf oder gar zum Lesen. Ihr Leben als zweifache „Vollzeit-Mama“ hatte sie sich anders vorgestellt aber, so sagt Sabina selbst, „das Leben hatte andere Pläne.“ Bald zwei Jahre ist es her, dass sie ihren damals zehn Monate alten Sohn in einer riesigen Blutlache in seinem Bettchen findet. „Ich hatte ihn schlafen gelegt und bin 20 Minuten später nachschauen gegangen, ob alles okay ist. Da war so ein Bauchgefühl“, erinnert sich Sabina an jene Nacht, die das Leben der vierköpfigen Familie für immer verändern sollte.

Sabina Loidl liebt ihren Beruf als Buchhändlerin. „Seit ich Mama bin, lese ich keine Krimis, weil man sich eh schon genug sorgt.“
Der kleine Michael wird mit dem Notarzthubschrauber ins LKH Graz geflogen, seine Mama hält dabei seine Hand. Pfortaderthrombose lautet schließlich die Diagnose. Eine sehr seltene Erkrankung, vor allem bei so kleinen Patienten. „Weltweit gibt es nur ein paar wenige Krankenhäuser, die Michi operieren wollten und konnten. Für die Behandlungskosten mussten wir selbst aufkommen. Wir waren gerade in unser neues Haus gezogen, das Geld hatten wir schlichtweg nicht.“
Arbeit ist wie Urlaub
Eine Spendenaktion hilft der Familie finanziell und der kleine Michi bekommt die lebensrettende Operation in Deutschland. Ende gut, trotzdem nichts gut: Es folgen Komplikationen, mehrere Folgeoperationen und viele Wochen Krankenhausaufenthalt im Ausland.

Loidl: „Natürlich habe ich mich verändert in den zwei Jahren. Das geht nicht spurlos vorbei und deswegen ist es gut, wenn man offen darüber reden kann.“
„Unser Michi ist lange Zeit im Tiefschlaf gewesen. Motorisch hat er zum Glück viel aufgeholt, aber er ist geistig beeinträchtigt. Michi wird sein Leben lang auf Hilfe angewiesen sein. Unser aller Leben hat sich in dieser einen Nacht komplett verändert, nicht nur unser davor lebensfroher kleiner Sohn. Heute besteht mein Alltag aus Therapieeinheiten, Kontrollen im Krankenhaus oder Arztbesuchen. Mit einem kranken Kind bleibt kaum Zeit für etwas anderes“, erzählt Mama Sabina Loidl, die ganz offen sagt: „Es ist meistens hart, es ist sehr oft nicht schön und all das akzeptieren zu können, ist mit der schwierigste Part.“
Und dennoch: Ein bisschen „Sabina“ konnte sie sich vom Leben wieder zurückerobern. „Samstags arbeite ich jetzt wieder als Buchhändlerin. Ich freue mich oft die ganze Woche darauf, den Satz ,Mama geht heute arbeiten‘ aussprechen zu können. Zur Arbeit fahren zu können, das ist wie Urlaub für mich. Aber ich denke, das können Millionen Mütter auf der Welt gut nachvollziehen.“
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