Schriftrollen von Qumran: Wie moderne Verfahren beim Entziffern helfen
Seit mehr als 70 Jahren bemühen sich Wissenschaftler, berühmte Schriftrollen vom Toten Meer zusammenzusetzen. Bei mehr als 25.000 häufig winzigen Fragmenten biblischer Texte ist dies eine große Herausforderung. Mithilfe von Erbgut-Analysen sind sie bei den sogenannten Qumran-Rollen nun vorangekommen. Wie die Forscher um den israelischen Professor Oded Rechawi im Fachmagazin Cell berichten, gewannen sie DNA aus den aus Tierhaut gefertigten Schriftstücken. Dies half ihnen im Zusammenspiel mit Textanalysen dabei, die ältesten handschriftlichen Bibel-Texte in Zusammenhang und Reihenfolge zu bringen.
Dem Beitrag zufolge umfassen die Schriftrollen mehr als 25 000 Fragmente alter Manuskripte. Die ersten der rund 2000 Jahre alten Schriftstücke wurden vor mehr als 70 Jahren von einem Hirten in einer Höhle am Toten Meer gefunden, später wurden weitere Fragmente entdeckt. Nach ihrem Fundort Chirbet Qumran werden sie Qumran-Rollen genannt. Die antiken Schriften gehören zu den wichtigsten archäologischen Funden des 20. Jahrhunderts.
Bisher versuchten Wissenschaftler, die Schriftstücke wie ein Puzzle zusammenzusetzen. Sie verließen sich dabei vornehmlich auf Äußerlichkeiten. Die DNA-Analysen zeigen den Forschern zufolge nun, dass die meisten Schriftstücke aus Schafshaut sind. Dies sei bisher nicht bekannt gewesen. Die Wissenschaftler seien anschließend davon ausgegangen, dass Schriftstücke, die aus der Haut des gleichen Schafes gefertigt wurden, zusammengehören müssten. Zudem sei wahrscheinlich, dass Rollen aus den Häuten eng miteinander verwandter Schafe zusammengehören.
In einem Fall, in dem die Forschung bislang davon ausging, dass zwei Schriftstücke zusammengehörten, wurde festgestellt, dass sie aus unterschiedlichen Tierhäuten gefertigt wurden - der eines Schafes und der einer Kuh. Noam Mizrahi von der Universität Tel Aviv schlussfolgert, dass aus Kuhhaut gefertigte Fragmente sehr wahrscheinlich anderswo entstanden sein müssen, da Kuhzucht in der Nähe des Fundorts der Schriftstücke am Toten Meer nicht möglich war.
Die Forscher betonen, dass die DNA-Analyse nur einen Beitrag zur Erforschung der Schriftstücke leisten kann. Sie hoffen aber, dass künftig noch weitere Rollen untersucht werden können. Bei vielen sei noch keine Erbgut-Analyse vorgenommen worden.
Emanuel Tov, emeritierter Professor für Bibelwissenschaften an der Hebräischen Universität in Jerusalem, spricht von einem „extrem wichtigen Projekt“. Die Facharbeit bringe die Forschung in dem Bereich entscheidend voran und sei auch sehr vielsprechend in Hinblick auf künftige Untersuchungen. Die Analyse antiker DNA aus den Rollen sei „ein großer Schritt vorwärts“. Diese Art der DNA-Untersuchung habe zwar keine Nachteile, „aber diese Studie muss noch auf viele weitere Proben und letztlich auf eine große Datenbank ausgeweitet werden“, sagte Tov.