HTL, HAK und Co.: Praktika müssen auch heuer gemacht werden
Von Ute Brühl
Wer an Reifeprüfung denkt, der denkt meist an die AHS. Doch weit gefehlt. Mittlerweile machen mehr junge Menschen ihre Matura auf einer berufsbildenden höheren Schule, also HAK, HTL, HLW etc. Sie alle müssen während ihrer Schulzeit Pflichtpraktika machen. Genauso wie die Schüler der berufsbildenden mittleren Schulen, wie z.B. der Handelsschule.
Abgesagt
Doch das mit dem Praktikum wird diesen Sommer gar nicht so einfach sein. Das bestätigt auch Rainer Graf, Direktor des Schulzentrums Ybbs und Mitglied des KURIER-Bildungsbeirats: „Lokale Unternehmen haben uns schon mitgeteilt, dass sie keine Praktikumsplätze im Sommer haben. Die Firmen können ja nicht Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken und dann Schüler einstellen.“
Besonders für die Schüler, die heuer die vierte Klasse abschließen, wird das ein Problem – für sie wäre der Sommer die letzte Möglichkeit vor der Matura. Das Bildungsministerium hat deshalb am heutigen Dienstag den betroffenen Schulen die neuen Regelungen für die berufsbildenden Schulen mitgeteilt.
Nur halb so lang
Eines vorweg: Die Verpflichtung, ein Praktikum zu machen, bleibt weiter aufrecht. Und das, obwohl sich viele Direktoren dafür ausgesprochen haben, diese Verpflichtung heuer aufzuheben – ganz besonders die Leiter der Tourismusschulen, wo die Schüler im Sommer oft drei Monate in den Betrieben sind.
Doch was steht nun in dem Schreiben der Ministeriums? Zusammengefasst kann man sagen: Praktika können heuer in unterschiedlicher Form gemacht werden. Entweder sie werden in der Dauer absolviert, die sowieso vorgesehen ist, oder in einer verkürzten Version – aber mindestens 50 Prozent der vorgeschriebenen Zeit. „In der HTL sind das acht Wochen, in der HAK 300 Stunden“, berichtet Rainer Graf.
Weiters heißt es aus dem Ministerium: Für alle, die keinen Platz in ihrer Branche finden, können auch in einem „verwandten Tätigkeitsbereich“ arbeiten. Als Beispiel werden die Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe genannt, die auch in einer Bäckerei oder in der Lebensmittelproduktion arbeiten können.
Direktor kann Dispens erteilen
Eine Hintertüre, dass ein Schüler das Praktikum gar nicht machen muss, gibt es aber: „Nur wenn nachweislich (der Schulleitung gegenüber) keine Praktikumsplätze zur Verfügung stehen oder unvorhersehbare bzw. unabwendbare Gründe der Absolvierung entgegenstehen, entfällt für Schüler/innen die Verpflichtung.“ Als einer der Gründe werden ausdrücklich die Covid-19-Bestimmungen genannt.
Diese Entscheidung des Ministeriums gefällt nicht jedem. Susanne Schmid, Obfrau des Burgenländer Elternvereins an höheren Schulen, hätte sich gewünscht, dass heuer die Verpflichtung komplett entfällt. „So ist man immer auf die Zustimmung der Direktion angewiesen.“ Zudem seien es meist die Eltern, die sich um Praktikumsplätze kümmern, und nicht die Schulen. „Für sie ist das eine zusätzliche Belastung.“ Sie hätte es so wie viele Eltern und Schüler befürwortet, dass es im Sommer keine Pflicht zu arbeiten gibt.
Anders sieht das Maria Ettl, Direktorin der Tourismusschule Wassermanngasse in Wien-Donaustadt. „Ich finde es gut, dass es für die Schülerinnen und Schüler keinen Freibrief gibt." Sie fände stattdessen ein „differenziertes Vorgehen“ besser. „Wir haben heuer rund 70 Schülerinnen und Schüler, die das Praktikum über ErasmusPlus im Ausland machen - in Frankreich, Spanien oder Italien. Es ist klar, dass das heuer wohl nicht mehr stattfinden kann. Auch wenn ich das sehr schade finde.“
Zudem hätten schon viele Tourismusbetriebe angefragt, die für den August Praktikanten suchen. „Dort, wo ich sehe, dass die Schüler nicht oder nicht im vollen Umfang arbeiten können, da kann ich einen Dispens erteilen.“