Sitzen und schwitzen: Fächerverbot bei den Salzburger Festspielen
Von Anita Kattinger
Die Salzburger Festspiele haben den Kühlung spendenden Gebrauch von Fächern während der Vorstellungen untersagt. "Dadurch könnten infektiöse Aerosole, die eigentlich von der Klimaanlage nach oben abgesaugt werden sollen, seitlich verteilt werden, was wir unbedingt vermeiden wollen", sagte Lukas Crepaz, der als kaufmännischer Direktor der Festspiele auch für die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen verantwortlich ist, in einem dpa-Interview.
Ein entsprechender Hinweis wurde nachträglich in die automatische Ansage aufgenommen, die vor Beginn jeder Aufführung in deutscher und englischer Sprache zu hören ist.
"Das Präventionskonzept greift seit Beginn der Proben mit mehr als 1000 Mitwirkenden, wobei wir regelmäßig noch kleinere Details nachjustieren“, erläuterte Crepaz. Als eines der wenigen Kulturfestivals weltweit wurden die Salzburger Festspiele, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiern, nicht wegen der Corona-Pandemie abgesagt.
Strenge Hygieneregeln
So müssen sich alle Künstlerinnen und Künstler regelmäßig testen lassen sowie ein Kontakt- und Gesundheitstagebuch führen. In den Sälen werden nur rund zwei Drittel der Plätze besetzt, außerdem gibt es nur Aufführungen ohne Pause und eine Maskenpflicht, die von zahlreichen Saaldienern kontrolliert wird.
Die Besucher werden darauf hingewiesen, beim Applaus den Mund-Nasen-Schutz wieder anzulegen. Das Tragen der Schutzmaske auf dem Weg durch die Festspielhäuser zum Sitzplatz beziehungsweise vom Sitzplatz zum Ausgang ist ohnehin verpflichtend.
Nach anfänglichen Problemen insbesondere bei der Einhaltung der Sicherheitsabstände, die am Eröffnungswochenende auch in den Medien thematisiert wurden, verhalte sich das Publikum mittlerweile "vorbildlich", sagte Crepaz.
Wenn sich gelegentlich im Inneren der Festspielhäuser Menschenansammlungen bildeten, sei dies angesichts der geltenden Maskenpflicht wenig problematisch.
Für die Verhältnisse außerhalb der Spielstätten seien die Festspiele nicht verantwortlich. "Ursprünglich hatten wir mit den Behörden vereinbart, dass die Polizei auch vor den Häusern, etwa in der Hofstallgasse, die Abstandsregeln kontrolliert."
Diese seien jedoch mittlerweile in Österreich höchstrichterlich für nichtig erklärt worden. "Wir appellieren deshalb an die Eigenverantwortung der Besucherinnen und Besucher."
Mehr als 2.000 Corona-Tests
Im Rahmen des von den Festspielen entwickelten Präventionskonzeptes, das seit sieben Wochen in Kraft ist, seien schon mehr als 2.000 Corona-Tests unter den Mitarbeitern, darunter alle Künstlerinnen und Künstler, veranlasst worden. Bislang habe es nur einen einzigen positiven Fall gegeben.
Die betreffende Frau, eine Aushilfe in der Verwaltung, sei schon vor Beginn der Festspiele mit ihren Kontaktpersonen in Quarantäne geschickt worden. "Sie sind mittlerweile alle wieder zurück und wohlauf."
Beim Kartenverkauf sei keine Corona-bedingte Zurückhaltung des Publikums festzustellen. Von den in diesem Jahr aufgelegten 76 000 Eintrittskarten seien noch rund zehn Prozent nicht verkauft worden.
"Dies entspricht exakt den Prozentwerten der vergangenen Jahre." Die Festspiele hätten viele positive Rückmeldungen von Besuchern erhalten, mitunter seien auch konstruktive Hinweise zur Verbesserung der Corona-Sicherheitsvorkehrungen dabei gewesen.
Einige wenige Feinadjustierungen des mehr als 40 Seiten umfassenden Maßnahmenkatalogs wurden vorgenommen.
Vorbildwirkung: Anfragen aus der ganzen Welt
Dass heuer, im 100-Jahr-Jubiläum, Salzburger Festspiele trotz Corona stattfinden, sei kein "Versuchsballon", wie ein Medium konstatiert hatte, sondern "ein kalkuliertes Risiko", erklärte Crepaz.
"Es ist ein Herantasten an eine Normalität, Schritt für Schritt, und entspricht genau der Politik in Österreich, die bezüglich Corona sehr erfolgreich war. Man soll den Tag aber nicht vor dem Abend loben. Wir haben noch 24 Tage vor uns. Es gibt keine 100-prozentige Sicherheit. Schon alleine statistisch ist davon auszugehen, dass ein weiterer Coronafall auftritt. Das heißt aber nicht, dass das Präventionskonzept nicht funktioniert. Wichtig ist, schnell reagieren zu können, damit die betroffene Person sofort isoliert werden kann. Das ist uns im Fall der damals erkrankten Mitarbeiterin gelungen."
Die ganze Welt schaut auf Salzburg, das ist dem kaufmännischen Direktor bewusst. "Wir bekommen viele Anfragen von Kulturinstitutionen und helfen wo wir können. Wir wollen Eisbrecher für Kulturbetriebe sein und zeigen, dass Kunst und Kultur keine Risikobereiche sind, dass sie keine Kraft nehmen sondern Lebenskraft geben."