„Wir wollen unseren Markt ja nicht abschotten“
KURIER: Der künftigen Kommissionschefin Ursula von der Leyen schwebt eine „Green-deal-Gesetzgebung“ vor. Könnte sich das EU-Parlament im Rahmen dessen vorstellen, einer Co2-Grenzausgleichsabgabe (carbon border adjustment) zuzustimmen?
Bernd Lange: Das Interesse im Europäischen Parlament an der Idee einer solchen Grenzabgabe ist sehr groß. Wir werden auch als Handelsausschuss Stellung zu dem Thema beziehen und der Kommission Impulse mit auf den Weg geben, die sich ja bereits mit dem Thema beschäftigt.
Wie stehen die Europäischen Sozialdemokraten zu so einer Forderung?
Wir unterstützen natürlich das Prinzip einer solchen Abgabe. Sorgen mache ich mir eher um die konkrete Ausgestaltung, denn hier steht die Kommission vor der großen Herausforderung, ein System zu schaffen, das kein Bürokratie-Ungeheuer ist, aber dennoch detailliert genug vorgeht, um Transparenz über Produktionsweisen und damit Abgaben zu schaffen.
Wäre so eine Maßnahme auch nur für bestimmte Sektoren – Stichwort Stahl – denkbar?
Natürlich ist der positive Effekt umso größer, je weiter die Abdeckung ist. Es kann aber sein, dass wir erstmal klein anfangen müssen, um das System dann Schritt für Schritt auszuweiten.
Kann man verhindern, dass eine Co2-Grenzabgabe nach Protektionismus aussieht?
Die Regeln der Welthandelsorganisation geben ihren Mitgliedern einigen Spielraum, wenn es darum geht umweltschützende Maßnahmen zu ergreifen. Natürlich gilt das Gebot der Nichtdiskriminierung, an das sich jede Gesetzgebung halten muss. Aber wir wollen unseren Markt ja nicht abschotten, sondern nur Chancengleichheit schaffen.
Und wäre so eine Maßnahme wirklich effizient, um die Verlagerung von Co2-Emissionen ins EU-Ausland zu verhindern?
Bis wir nicht einen ersten Entwurf vor uns haben, können wir keine Aussage darüber machen, ob die Maßnahme sinnvoll, effektiv und damit geeignet ist. Ich finde es aber absolut richtig, alle Möglichkeiten zu erkunden, um umweltfreundliche Produktionsweisen zu fördern und Unternehmen, die diese verfolgen, nicht mit einem Wettbewerbsnachteil zu bestrafen.