Uneinigkeit bei den Regierungsparteien über BWB-Chefposten
Die beiden Regierungsparteien ÖVP und Grüne sind sich seit Monaten nicht einig, wer künftig die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) leiten soll. Die Grünen legten sich vor dem Sommer gegen den erstgereihten ÖVP-Kandidaten Michael Sachs quer, weil dieser die Anforderungen nicht erfülle. Ein von Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) in Auftrag gegebenes Gutachten komme nun zu dem Ergebnis, dass Sachs doch geeignet sei, hieß es aus dem Wirtschaftsressort zur APA.
"Das Prüfverfahren wurde bereits abgeschlossen und die Ergebnisse daraus an die Regierungskoordination übermittelt. Die Prüfung durch einen unabhängigen internationalen Experten hat ergeben, dass die Ernennungsvoraussetzungen nach dem Wettbewerbsgesetz im Ausschreibungsverfahren eingehalten wurden", teilte das Kocher-Ministerium auf APA-Anfrage mit.
Nicht öffentliche Inhalte
Verfasst wurde das Gutachten von dem deutschen Juristen Torsten Körber, Professor an der Universität zu Köln. Das Gutachten selbst wird vom Wirtschaftsministerium nicht öffentlich gemacht. Es liege in der Regierungskoordinierung, deren Inhalte nicht öffentlich seien, so eine Sprecherin zur APA.
Kern des Streits zwischen ÖVP und Grünen ist die Frage, ob die vierköpfige Begutachtungskommission, die Sachs einen Punkt mehr gab als der interimistischen BWB-Chefin Natalie Harsdorf-Borsch, sachlich korrekt gearbeitet hat. Sachs, Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts (BvWG), gilt als politisch gut vernetzt, er war Mitarbeiter im Kabinett von Wolfgang Schüssel (ÖVP). Harsdorf-Borsch hingegen gilt als Fachfrau mit viel Expertise, ist aber politisch weniger gut vernetzt.
Hohe Bedeutung
Die Grünen hatten der ÖVP im Ministerrat die Zustimmung zu Sachs verweigert, nachdem ein von den Grünen in Auftrag gegebenes Gutachten zu dem Schluss kam, dass Sachs die Anforderungen für den Posten nicht erfüllt. Die Position erfordere Berufserfahrung im Kartellrecht. Richter von Verwaltungsgerichtshöfen, die im Einzelfall mit kartellrechtlichen Bestimmungen zu tun haben, erfüllten die Voraussetzungen nicht, hieß es in dem Gutachten.
Begutachtungskommissionen nach dem Ausschreibungsgesetz haben bei der Postenvergabe im öffentlichen Dienst eine hohe Bedeutung, wie aktuell auch die Affäre um die Besetzung des Finanzamtes Braunau zeigt.
Hintergrund
Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der zum innersten Kreis der ÖVP unter Sebastian Kurz gehörte, und heuer im Sommer bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auspackte, gab in seiner Einvernahme zum Finanzamt Braunau an: "Aus meiner Sicht gehört die richtige Besetzung der Begutachtungskommission zu einer Einflussnahme auf die Besetzung der Funktion dazu".
Im Fall der BWB musste die Begutachtungskommission im Frühjahr neu zusammengesetzt werden, weil ein Mitglied befangen war.