Top-Ökonom zu SVB-Pleite: "Aus Finanzkrise nicht die Lehren gezogen"
Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht in der Pleite der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) einen Beleg für Versäumnisse beim Umbau der Finanzbranche nach der globalen Krise 2008/09. "Für mich ist das ein Indiz dafür, dass man aus der Finanzkrise eben nicht die richtigen Lehren gezogen hat", sagte der Ökonom am Mittwoch in Berlin.
Das hätte man in der langen Phase des billigen Geldes gut machen können, doch sei diese Chance vertan worden. "Es wurde nicht das getan, was notwendig ist." Die Kapitalvorsorge bei Banken sei zwar erhöht worden. Aber das nutze nichts, wenn diese in großem Umfang Staatseinleihen halten. "Dafür muss man kein Eigenkapital vorhalten", sagte Fuest. Die SVB hatte massiv in US-Staatsanleihen investiert, die wegen der steigenden Zinsen aber stark an Kurswert verloren haben.
Auch wenn es in Europa bisher keinen vergleichbaren Fall gibt, sieht der Ifo-Chef auch hier Risiken. "Wir haben die gleichen ökonomischen Kräfte, die auf das Finanz- und Bankensystem wirken", sagte er. "Die Kombination aus sinkenden Assetpreisen wegen steigender Zinsen ist ein Mechanismus, den auch das europäische Bankensystem birgt." Das bringe die Europäische Zentralbank (EZB) in ein Dilemma, weil sie die Inflation bekämpfen müsse, aber die Entwicklung an den Finanzmärkten nicht aus den Blick verlieren dürfe. "Ihr Job ist die Inflationsbekämpfung", sagte Fuest. Er rate deshalb dazu, an der für diesen Donnerstag signalisierten Zinserhöhung festzuhalten. Weiche sie davon ab, liefere sie ein "problematisches Signal an die Finanzmärkte".
Der Kollaps der SVB-Bank hatte zum Wochenstart Schockwellen an den Finanzmärkten ausgelöst und auch in Europa den Bankensektor mit nach unten gezogen. Nach einer Talfahrt am Montag beruhigten sich die Märkte aber wieder, da die Hoffnung zunahm, dass eine größere Finanzkrise abgewendet werden kann. Die auf die Finanzierung von jungen Technologiefirmen spezialisierte SVB war nicht zuletzt wegen der Zinswende in Schieflage geraten. Kunden hatten schließlich Milliarden an Dollar abgezogen. Die SVB-Pleite ist der größte Zusammenbruch einer Bank seit der Finanzkrise 2008.