Schweiz zahlt rund sechsmal mehr für Gas als üblich
Die drohende Gasknappheit im Zuge des Kriegs in der Ukraine kommt auch die Schweiz teuer zu stehen. Die Importausgaben für den fossilen Rohstoff haben sich drastisch erhöht, während die Importmenge trotz der stark gestiegenen Preise stabil geblieben ist. Die Schweiz hat im laufenden Jahr bis Ende August bereits über 4,4 Milliarden Franken (rund 4,6 Mrd. Euro) für Erdgasimporte ausgegeben - so viel wie noch nie zuvor.
Hohe Ausgaben
Im Vergleich zum selben Zeitraum in den letzten zehn Jahren haben sich die Ausgaben damit in etwa versechsfacht - und das, obwohl sogar minimal weniger Gas eingekauft wurde als in den Vorjahren. Dies zeigt eine Analyse der Nachrichtenagentur AWP basierend auf den am Dienstag veröffentlichten Außenhandelsdaten vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG).
Allein für Gas aus Deutschland - der mit Abstand wichtigste Handelspartner - zahlte die Schweiz über drei Milliarden Franken. 2021 zahlte die Schweiz für eine vergleichbare Menge Gas aus Deutschland nur rund 440 Millionen Franken, 2020 waren es gar nur knapp 290 Millionen Franken.
Der zweitwichtigste Gaslieferant neben Deutschland ist Frankreich. Auch dort haben sich die bisherigen Ausgaben 2022 mit rund 900 Millionen Franken im Vergleich zum Vorjahr vervierfacht. Für Gas aus Italien hat die Schweizer Gaswirtschaft bis Ende August etwas mehr als 230 Millionen Franken ausgegeben.
Hohe Abhängigkeit
Da die Schweiz kein Erdgas fördert und keine kommerziell betriebenen Gasspeicher hat, ist sie von den Reserven anderer Länder abhängig. In Deutschland stehen die größten Speicher. Das Land bezieht den Großteil seiner Gasreserven aus Russland, auch wenn dieser Anteil seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine gezwungenermaßen deutlich zurückgegangen ist.
Obwohl die Schweiz keine direkten Lieferbeziehungen zu Russland hat, war es daher bisher mehrheitlich russisches Gas, das via Nachbarländer importiert wurde. Im Jahr 2021 betrug der russische Anteil am Gasimportmix laut dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) 43 Prozent.
In den vergangenen Jahren machten die Gaseinkäufe noch jeweils weniger als ein Prozent der gesamten Schweizer Importe aus. In den ersten acht Monaten 2022 schwoll der Anteil wegen der Preisexplosion auf drei Prozent an.
Großer Anstieg
Da im Zuge der Energiekrise auch die Preise für Strom und Erdöl massiv gestiegen sind, flossen von Jänner bis August mit über 14 Milliarden Franken bisher über neun Prozent aller Schweizer Importausgaben in Energieträger. Dieser Wert hat sich im Vergleich zur selben Periode im Vorjahr fast verdreifacht.
Die Schweiz hat einen im Vergleich eher geringen Gasverbrauch. Vom hiesigen Energiebedarf macht der Rohstoff rund 15 Prozent aus. Erdgas wird vor allem zum Heizen und in der Industrie gebraucht. Große Gaskraftwerke zur Stromproduktion gibt es keine.