Nur 7,3 Prozent Frauen in Vorständen von Börsenunternehmen
Chefinnen bleiben in Österreichs Unternehmen weiterhin die Ausnahme. Von 191 Vorständen in börsennotierten Unternehmen sind aktuell nur 14 Frauen, geht aus dem EY Mixed Leadership Barometer Österreich des Beratungsunternehmens EY hervor. Obwohl die Zahl der Aufsichtsrätinnen steigt, erfüllt jedes vierte Unternehmen nicht die Quote von 30 Prozent.
Im Vergleich zum Jahresbeginn gab es mit Stichtag 1. August 2020 in den Vorstandsrängen sogar einen leichten prozentuellen Rückgang der Frauen von 7,7 auf 7,3 Prozent - denn bei gleichbleibender Zahl weiblicher Vorstände wurden neun zusätzliche Männer in die Chefetagen aufgenommen.
Nach wie vor ist in 45 von 58 österreichischen börsennotierten Unternehmen keine Frau im Vorstand vertreten. Drei Frauen stehen als CEO ganz oben: Herta Stockbauer bei der BKS Bank, Karin Trimmel beim Kräuterlikörhersteller Gurktaler und Elisabeth Stadler bei der Vienna Insurance Group. Sechs Frauen sind Finanzvorstände.
Branchen
Die meisten Vorstandsdirektorinnen sind in der Konsumgüterbranche anzutreffen, wo ihr Anteil bei 19 Prozent liegt. An zweiter Stelle folgt die IT- (12,5 Prozent) und an dritter Stelle die Finanzbranche (7,7 Prozent). Keine einzige Vorständin gibt es in Österreich in fünf Branchen: Automobil, Immobilien, Rohstoffe, Telekommunikation und Transport.
Das eindeutige Geschlechter-Missverhältnis an der Spitze der Unternehmen zeige, dass der Aufstieg für Frauen in die Vorstandsetagen weiterhin sehr schwierig sei und die Unterstützung von Politik, Unternehmen und auch vom persönlichen Umfeld teilweise fehle, sagt Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative "Women. Fast Forward" bei EY Österreich. "Wenn die Zahl der Frauen weiter im Tempo der letzten Jahre von unter einem Prozentpunkt steigt, wird es bis zum Jahr 2073 dauern, bis in den Vorstandsgremien 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer sitzen."
Als Ursache sieht sie Scheu in den Unternehmen vor einem Veränderungsprozess in den obersten Leitungsfunktionen. Damit würde aber auch die hohe Symbolkraft weiblicher Führungskräfte verkannt, so Pelzmann. "Keine Frauen in den Vorstandsetagen sind ein starkes Indiz, dass es sehr wohl Aufstiegshindernisse gibt und Tradition anstatt Wandel, Aufbruch und Fortschritt gelebt wird."
Corona-Effekt
Die Corona-Pandemie habe zu einer verstärkten Rückkehr traditioneller und überholter Geschlechterstereotypen geführt. Um Haushalt und Homeschooling haben sich vermehrt die Frauen in der Familie gekümmert, auch weil sie öfter in Teilzeitstellen arbeiten. "Hier sind die Unternehmen gefordert, durch ein flexibles Arbeitsumfeld und die Möglichkeit, von Zuhause zu arbeiten, eine gute Grundlage zu schaffen, um beiden Geschlechtern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern und dadurch die Gleichstellung der Frauen voranzutreiben", erklärt Pelzmann.
In der EY-Studie wurde die Anzahl weiblicher Vorstände sowie Aufsichtsratsmitglieder jener österreichischer Unternehmen analysiert, die zum Stichtag 1. August 2020 im WBI notieren. Für den Langzeitvergleich wurden die jeweiligen Zahlen dieser Unternehmen rückwirkend bis zum 31. Juli 2015 analysiert. Die Analyse bezieht sich daher immer auf die zum Stichtag aktuelle Zusammensetzung von österreichischen Unternehmen im WBI. Man wolle die Situation in den jetzt börsennotierten Unternehmen abbilden, heißt es auf APA-Nachfrage von EY.
Die Zusammensetzung (Fokus seit Ende 2019 nur noch auf österreichische Unternehmen im WBI) hat sich im Vergleich zum 31. Juli 2019 (da waren es noch 15 weibliche Vorstände und 190 männliche, Anm.) geändert: Nicht mehr untersucht, weil nicht (mehr) österreichisch, werden die Unternehmen Atrium, De Raj Group, RHI Magnesita und Valneva. Nicht mehr im Index enthalten sind HTI und Staatsdruckerei.