Pharmariese Novartis baut Tausende Stellen ab, auch Österreich betroffen
Von Anita Kiefer
Der Pharmakonzern Novartis will einem Medienbericht zufolge im Rahmen eines Sparprogramms Stellen streichen. Weltweit seien von der Maßnahme Tausende von Jobs betroffen, wie die Zeitung "Tages-Anzeiger" (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf Insider berichtete. In der Schweiz dürfte eine dreistellige Zahl an Arbeitsplätzen abgebaut werden.
Auch in Österreich werden Jobs gestrichen, wie der KURIER auf Nachfrage von einer Sprecherin erfuhr. Konkret heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Konzerns: "Die vergangene Woche angekündigte neue Organisationsstruktur der Novartis ist für unsere Wachstumsstrategie von zentraler Bedeutung, weil sie uns flexibler und wettbewerbsfähiger macht, die Patienten- und Kundenorientierung verbessert, erhebliches Potenzial in unserer Forschungs- und Entwicklungspipeline freisetzt und die Wertschöpfung durch operative Effizienzsteigerungen erhöht. Diese Effizienzsteigerungen werden durch schlankere Strukturen erreicht. Dies wird sich zwangsläufig auch auf Rollen in der Organisation auswirken."
Wie viele Stellen es sein werden, ist aber noch offen: "Es ist aber zum jetzigen Zeitpunkt noch verfrüht, konkrete Zahlen zu nennen. Wir erwarten, dass die neue Struktur bis Ende 2022 voll aufgebaut und einsatzbereit sein wird", heißt es weiter in der Stellungnahme.
Kein Zusammenhang mit Sandoz
Das neue Betriebsmodell von Novartis stehe aber in keinem Zusammenhang mit der laufenden strategischen Überprüfung der Tochter Sandoz, heißt es außerdem. "Im Rahmen der strategischen Überprüfung von Sandoz untersucht Novartis weiterhin alle Optionen, die von der Beibehaltung des Geschäfts bis zur Trennung reichen, um zu ermitteln, wie der Wert für unsere Aktionäre am besten maximiert werden kann. Wir werden bis Ende 2022 über die Fortschritte bei der Überprüfung berichten."
Novartis hatte im Vorjahr angekündigt, die Generikatochter Sandoz einer strategischen Prüfung zu unterziehen. In Tirol herrschte danach Sorge um den Standort in Kundl/Schaftenau (Bezirk Kufstein) mit rund 4.500 Beschäftigten. Es gäbe nach wie vor "ein großes Commitment zu Sandoz", versicherte der Österreich-Chef von Novartis, Michael Kocher, im Oktober des Vorjahres der Tiroler Tageszeitung. Ergebnisse würden bis spätestens Ende 2022 kommuniziert.
Kostensenkung
Hintergrund der jetzt bekannt gewordenen Kürzungen bei Novartis ist der vor gut einer Woche angekündigte Konzernumbau, mit dem das Schweizer Unternehmen die allgemeinen Vertriebskosten bis 2024 um mindestens eine Milliarden Dollar (ca. 917,43 Mio. Euro) senken will. Novartis konnte für eine Stellungnahme vorerst nicht erreicht werden. Angaben von Februar zufolge beschäftigt Novartis insgesamt rund 110.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In Österreich beschäftigt Novartis knapp 5.000 Mitarbeitende.
Details zum Konzernumbau
Novartis stellt seine Hauptsparte künftig geografisch statt nach Therapiegebieten auf und richtet sie stärker auf den amerikanischen Markt aus, wie Anfang April bekannt gegeben wurde. Im Geschäft mit patentgeschützten Medikamenten - genannt Innovative Medicines - fällt die Unterscheidung in die Bereiche Pharmaceuticals und Oncology weg, wie der Arzneimittelhersteller aus Basel am Montag mitteilte.
Stattdessen gibt es künftig zwei eigenständige Vertriebsorganisationen: Eine für die USA und eine für den Rest der Welt. Die bisherige Pharmaceuticlas-Chefin Marie-France Tschudin übernimmt die Leitung des Bereichs Innovative Medicines International und wird zudem Chief Commercial Officer. Victor Bulto wird die Einheit Innovative Medicines US unterstellt.
Vorstoß in den USA
Die beiden Einheiten werden Novartis zufolge über alle Therapiebereiche hinweg eigenverantwortlich für Erträge, Kundenbetreuung und Vertrieb operieren. Die eigene US-Geschäftseinheit solle dabei helfen, in den Vereinigten Staaten unter die fünf umsatzstärksten Pharmakonzerne vorzustoßen. Im weltgrößten Gesundheitsmarkt erzielte Innovative Medicines im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel seines Gesamtumsatzes von 42 Mrd. Dollar.
Durch die Neuordnung des dominierenden Pharmageschäfts und weitere Änderungen will Novartis die allgemeinen Vertriebskosten bis 2024 um mindestens eine Milliarden Dollar senken. Der Schweizer Konzern erzielte 2021 mehr als 80 Prozent des Umsatzes und mehr als 90 Prozent des operativen Gewinns im Geschäft mit patentgeschützten Arzneien. Das zweite Standbein Sandoz, das Geschäft mit Nachahmermedikamenten, hat der Konzern im vergangenen Jahr auf den Prüfstand gestellt.
Gutes Jahr 2021
Im Vorjahr hatte Novartis dank des Verkaufs seines Roche-Anteils zurück an den Wettbewerber einen satten Gewinnsprung. Unter dem Strich stieg der Gewinn auf rund 24 Mrd. Dollar (21,3 Mrd. Euro), fast das Dreifache des Vorjahreswerts. Die Dividende wurde von 3 auf 3,10 Schweizer Franken (3 Euro) je Aktie angehoben.
Aber auch im Tagesgeschäft lief es 2021 dank guter Geschäfte in der Pharmasparte besser. Der Umsatz kletterte im Vergleich zum Vorjahr um 6 Prozent auf rund 51,6 Mrd. Dollar, zu konstanten Wechselkursen betrug das Plus noch 4 Prozent. Das bereinigte operative Ergebnis wuchs nominal um 8 Prozent auf 16,6 Mrd. Dollar. Damit lag Novartis beim Umsatz etwas unter den Erwartungen der Analysten, beim Betriebsergebnis aber darüber.