Wirtschaft

Nach Erdogan-Aussagen: Türkische Lira fällt auf Rekordtief

Die türkische Lira ist nach Aussagen des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan erneut auf ein Rekordtief gefallen. In der Nacht zum Mittwoch wurden für einen Dollar zeitweise bis zu 8,80 Lira gezahlt und für einen Euro 10,43 Lira und damit jeweils so viel wie noch nie. Seit Monaten steht die türkische Währung unter Druck. Das Rekordtief wurde erreicht, nachdem Präsident Erdogan eine Zinssenkung durch die Zentralbank des Landes gefordert hatte.

Am späten Dienstagabend hatte Erdogan in einem Interview mit dem staatlichen Fernsehsender TRT verkündet, dass er mit dem Notenbankchef gesprochen habe und dass eine Zinssenkung "eine Notwendigkeit" sei. Als möglichen Zeitpunkt nannte Erdogan die Sommermonate Juli und August.

Zuvor hatte Erdogan bereits mehrfach die Ansicht vertreten, dass man die hohe Inflation im Land mit sinkenden Zinsen bekämpfen solle. Dies widerspricht ökonomischen Grundsätzen. Darüber hinaus hatte der Präsident die Führung der Notenbank ausgewechselt und damit das Vertrauen der Finanzmärkte in die Geldpolitik des Landes nachhaltig erschüttert sowie die Hoffnung auf eine konsequente Inflationsbekämpfung zerschlagen.

Die Türkei befindet sich mittlerweile in einer gefährlichen Spirale aus einer vergleichsweise hohen Inflation und einer Währung, die immer stärker abwertet. Im April war die Inflationsrate auf rund 17 Prozent gestiegen.

"Wir sind wieder einmal ein bisschen überrascht, wie offen und deutlich Erdogan seinem Zentralbankchef die Pistole auf die Brust setzt", kommentierte Devisenexpertin Esther Reichelt von der Commerzbank die jüngsten Ereignisse. "Das bestätigt uns in unserem Glauben, dass Erdogan tatsächlich glaubt, mit niedrigeren Zinsen die wirtschaftlichen Probleme der Türkei lösen zu können - auch wenn er damit sehenden Auges in eine neue Lira-Krise läuft." Nach Einschätzung der Expertin Reichelt rückt nun ein Kurs von 10 Lira für einen Dollar in greifbare Nähe.

Der Präsident der türkischen Notenbank, Sahap Kavcioglu, hat Spekulationen über eine baldige Zinssenkung der Zentralbank später am Mittwoch widersprochen. Erwartungen an eine frühe Lockerung der Geldpolitik, die nicht gerechtfertigt seien, müssten verschwinden, ließ Kavcioglu während einer Konferenz vor Investoren verlauten. Die Aussagen sind auch in einer entsprechenden Präsentation auf der Internetseite der Notenbank zu finden.

Erst im März hatte Erdogan zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate den Chef der Zentralbank ausgetauscht. Kavcioglu, ehemaliger Abgeordneter von Erdogans Regierungspartei AKP, wurde Nachfolger des geschassten Naci Agbal.

Nicht zuletzt der Wechsel an der Führungsspitze der Notenbank hat das Vertrauen der Finanzmärkte in die Geldpolitik des Landes nachhaltig erschüttert sowie die Hoffnung auf eine konsequente Inflationsbekämpfung zerschlagen.