Kampf den Preisen: EZB-Zinserhöhungen "müssen weiter gehen"
Die Wirtschaftsweisen-Chefin Monika Schnitzer rechnet mit weiteren Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die massive Inflation im Euro-Raum. "Das wird nicht zu Ende sein, es sollte auch nicht zu Ende sein," sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats Wirtschaft (SVR), der die deutsche Regierung berät, am Mittwochabend im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW).
Das müsse jetzt vielleicht kein ganz großer Zinsschritt mehr sein. Aber die Euro-Notenbank sollte den eingeschlagenen Zinserhöhungskurs fortsetzen. Die Inflation im Euro-Raum war zwar im Dezember auf 9,2 Prozent zurückgegangen. Die Rate liegt aber immer noch mehr als viermal so hoch wie das EZB-Ziel von zwei Prozent.
EZB hat spät gehandelt
Die Top-Ökonomin verwies auf das Risiko, dass die langfristigen Inflationserwartungen aus dem Ruder laufen könnten. Es gebe jetzt einen größeren Anteil professioneller Marktbeobachter, die denken, in fünf Jahren könne die Inflation immer noch über zwei Prozent liegen. "Diese Gefahr, dass sich die Inflationserwartungen nach oben entwickeln, die ist tatsächlich nicht von der Hand zu weisen," warnte sie. Deshalb sei es so wichtig, dass sich die EZB entschlossen positioniert habe. "Die EZB hat spät gehandelt aber richtig, weil sie dann wirklich vier Zinsschritte schnell hintereinander vorgenommen hat in einer kurzen Zeit."
Die Euro-Wächter hatten im Juli 2022 die Zinswende vollzogen. Nach Mammut-Zinsschritten um jeweils 0,75 Prozentpunkte im September und Oktober hatten sie im Dezember den Fuß etwas von Gas genommen und die Schlüsselsätze etwas weniger stark um einen halben Prozentpunkt angehoben. EZB-Präsidentin Christine Lagarde stellte zudem mehrere weitere Zinserhöhungen im Volumen von jeweils 0,50 Prozentpunkten in Aussicht. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagenzins, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt inzwischen bei 2,0 Prozent. Die nächste Zinssitzung ist am kommenden Donnerstag.
Für die EZB sei es ein schwieriger Grat, sagte Schnitzer. Denn wenn die Notenbank zu stark auf die Bremse trete, um die Inflation einzudämmen, werde die Wirtschaft zu sehr belastet. Hier gelte es eine Balance zu finden. "Das scheint momentan ganz gut im Lot zu sein." Es sei aber auch ein Grund, warum der Sachverständigenrat geraten habe, nicht zu viele Schulden für Dinge aufzunehmen, die nicht notwendig seien. Die SVR-Chefin erwähnte dabei die Gaspreisbremse für Gutverdienende. Es gelte darauf zu achten, dass der fiskalpolitische Impuls nicht zu groß werde. "Damit man das Leben der EZB nicht noch schwerer macht."
Erst kürzlich hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die Staaten in Europa dazu aufgerufen, fiskalische Hilfen künftig zielgenauer und mehr maßgeschneidert zu gestalten. Fiskalpolitische Unterstützung müsse so ausgerichtet werden, dass die EZB nicht dahin getrieben werde, noch mehr unternehmen zu müssen. Dahinter steht die Sorge der Notenbank, dass zu starke fiskalpolitische Hilfen die Inflation zusätzlich anheizen könnten.