Gas-Großhandelspreis auf weniger als 40 Euro gefallen
Von Martin Meyrath
Der für Europa wegweisende Großhandelspreis für Erdgas (Monats-Future TTF) ist am Montag im Verlauf erstmals seit Juli 2021 auf etwas weniger als 40 Euro je Megawattstunde gefallen. Im vergangenen Sommer erreichte der Kurs Rekordwerte von über 300 Euro. Jahrelang war man in Europa Preise zwischen zehn und 30 Euro gewohnt.
Die Entspannung der Gas-Großhandelspreise wirkt sich mit Verzögerung auch bei den Endkunden aus. Zweitens steigen und fallen mit den Gas- auch die Strompreise. Denn der Großhandelspreis von Strom richtet sich nach dem teuersten zur Bedarfsdeckung notwendigen Kraftwerk, das im Regelfall ein Gaskraftwerk ist. Da die Energie-Effizienz der Gasverstromung grob bei 1:2 liegt und noch zusätzliche Kosten, etwa für CO2-Zertifikate und den Betrieb der Kraftwerke dazukommen, ist Strom im Großhandel normalerweise mindestens doppelt so teuer wie Gas.
Markt-Turbulenzen
Die Energiepreise sind weltweit seit dem Frühling 2021 angestiegen, als mehrere große Volkswirtschaften ihre Corona-Maßnahmen lockerten oder beendeten und eine Wieder-Erwachte Nachfrage auf eine gedrosselte Produktion stieß. Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 stiegen die Energiepreise insbesondere in Europa dann sprungartig an, denn Russland war der wichtigste Energielieferant Europas.
Dass die Großhandelspreise in den vergangenen Monaten wieder deutlich gesunken sind, hat mehrere Gründe. Wegweisend ist, dass die europäischen Staaten es geschafft haben, ihre Speicher vor dem energie-intensiven Winter ausreichend zu füllen - wenn auch zu hohen Preisen.
Drittens haben sich die konjunkturellen Aussichten eingetrübt. Das führt dazu, dass ein niedrigerer Energieverbrauch erwartet wird, die Preise fallen also weiter. Die aktuelle Entwicklung könnte also mit dem Banken-Kollaps und der Angst vor volkswirtschaftlichen Verwerfungen in Folge einer Krise des Finanzsektors zusammenhängen. Dazu passt, dass auch die Ölpreise zuletzt nachgegeben haben. Ein Fass (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Montag 72 US-Dollar (minus 0,75%).
EU-Notfallplan
EU-Energiekommissarin Kadri Simson hat am Montag die Verlängerung des "Gas-Notfallplans" angeregt. Die EU-Staaten hatten sich verpflichtet, ihren Verbrauch bis Ende März 2023 um zumindest 15 Prozent zu reduzieren. Dieses Ziel dürfte mit 19 Prozent übererfüllt werden. Dazu haben allerdings auch die vergleichsweise warmen Temperaturen beigetragen.
Die EU-Kommission will die Maßnahme nun bis über den nächsten Winter, also bis März 2024, verlängern. "Die globalen Gasmärkte dürften in den kommenden Monaten angespannt bleiben", begründete Simson den Vorschlag, über den die EU-Energieminister bei ihrem nächsten Treffen am 28. März beraten sollen.