EZB hob Inflationsprognose für 2022 von 3,2 auf 5,1 Prozent an
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat angesichts des Ukraine-Kriegs und hochschießender Energiepreise ihre Inflationsprognosen für die Eurozone kräftig angehoben. Ihre Volkswirte erwarten für heuer jetzt eine durchschnittliche Teuerungsrate in der Währungsunion von 5,1 Prozent, wie die EZB am Donnerstag mitteilte.
Noch im Dezember hatten sie 3,2 Prozent veranschlagt. 2023 soll die Teuerungsrate bei 2,1 (bisher 1,8) Prozent liegen und 2024 dann auf 1,9 (bisher: 1,8) Prozent nachgeben. "Der Russland-Ukraine-Krieg und die steigenden Energie- und Rohstoffpreise haben eine wesentliche Auswirkung.
2 Prozent Inflation
Mittelfristig strebt die EZB zwei Prozent Inflation als Idealwert für die Wirtschaft an. Dieses Niveau birgt aus ihrer Sicht für den Euroraum die meisten Vorteile. Zuletzt war die Teuerungsrate allerdings immer weiter über die Zielmarke hinausgeschossen. Im Februar markierte sie mit 5,8 Prozent ein neues Rekordhoch. Manche Volkswirte gehen davon, dass durch den Ukraine-Krieg die Energiepreise noch weiter anschwellen werden und im März mit einer Teuerungsrate von über sechs Prozent zu rechnen ist.
Prognose
Die EZB-Volkswirte sagen für das laufende Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum von 3,7 Prozent für die Währungsunion voraus. Noch im Dezember hatten sie ein Plus von 4,2 Prozent prognostiziert. Für 2023 rechnen sie nun mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,8 (bisher: 2,9) Prozent. Für 2024 werden weiterhin 1,6 Prozent erwartet. "Die Erholung der Wirtschaft wird durch die nachlassenden Auswirkungen der Omikron-Variante des Coronavirus unterstützt", sagte Lagarde. Lieferengpässe hätten zuletzt nachgelassen, während sich der Arbeitsmarkt weiter verbessert habe.
Die Zentralbank steigt trotz neuer Risiken für die Konjunktur bei ihren Anleihenkäufen etwas auf die Bremse. Die Bank reduziert das Kaufvolumen des Programms APP nach einer vorübergehenden Aufstockung bereits Ende Juni wieder auf 20 Mrd. Euro. Im dritten Quartal 2022 könnte es ganz beendet werden. Mit dieser Entscheidung vom Donnerstag reagierte der EZB-Rat auf die anhaltend hohen Teuerungsraten.
Die monatlichen Anleihenkäufe im Rahmen des APP sollen im April auf 40 Milliarden Euro verdoppelt werden. Im Mai will die EZB 30 Milliarden Euro investieren, im Juni dann noch 20 Milliarden Euro.
PEPP nur noch bis Ende März
Bereits im Dezember hatte die Notenbank mit Sitz in Frankfurt angekündigt, dass sie im Rahmen ihres in der Coronapandemie aufgelegten Anleihenkaufprogramms PEPP nur noch bis Ende März 2022 zusätzliche Wertpapiere kaufen wird. Gelder aus auslaufenden PEPP-Papieren will die EZB aber bis mindestens Ende 2024 neu angelegen, auch die Gelder aus auslaufenden APP-Papieren sollen für einen längeren Zeitraum neu investiert werden.
Das Volumen des seit März 2020 laufenden besonders flexiblen PEPP-Kaufprogramms hatten die Währungshüter von zunächst 750 Milliarden Euro zwei Mal auf letztlich 1,85 Billionen Euro erhöht. Anleihenkäufe der EZB helfen Staaten wie Unternehmen: Diese müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt.
Leitzins bleibt bei Null
Bei den Zinsen ändert sich vorerst nichts: Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Parken Banken Gelder bei der EZB, müssen sie dafür 0,5 Prozent Zinsen zahlen. Die Notenbank hat sich festgelegt, dass sie die Zinsen erst dann wieder anheben will, wenn sie kein frisches Geld mehr in den Erwerb von Wertpapieren von Staaten und Unternehmen steckt. Einige Volkswirte rechnen mit einem ersten Zinsschritt Ende dieses Jahres.
Allerdings haben sich die Aussichten für die Konjunktur eingetrübt. Russlands Krieg gegen die Ukraine trifft auch Europas Wirtschaft, die sich gerade von den Folgen der Coronapandemie erholt, mit Wucht. Daher betonten Europas Währungshüter in den vergangenen Wochen ihre Möglichkeit, flexibel auf weitere Entwicklungen reagieren zu können. "Die EZB ist bereit, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Preisstabilität und Finanzstabilität im Euroraum zu gewährleisten", hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde vor zwei Wochen bekräftigt.