Wirtschaft

Energiewende: "Wichtige Gesetze vergammeln in der Schublade"

Bis 2030 will Österreich den Anteil fossiler Energie bei der Strom- und Wärmeversorgung um mehr als 60 Prozent reduzieren. Das wurde der EU-Kommission im August im Rahmen des Nationalen Energie- und Klimaplans zugesichert. Um dieses Ziel zu erreichen und die Energiewende umzusetzen, sind massive Anstrengungen notwendig. Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) hat vor der Nationalratswahl analysiert, was die bisherige Regierung weitergebracht hat, was sich die Parteien in ihren Wahlprogrammen auf die Fahnen heften und welche Maßnahmen die Branche für notwendig hält.

Alle Inhalte anzeigen

Hohes Engagement lässt zuletzt nach

Die aktuelle Regierung hätte beim Erneuerbaren-Ausbau erfreulich viel weitergebracht, sagt EEÖ-Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig. Mit dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) sei ein Meilenstein gelungen. Dazu brachte die vergangene Legislaturperiode eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren (UVP-Novelle), den Österreichischen Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) sowie attraktive Förderungen für Heizungstausch und Photovoltaikanlagen. In den vergangenen Monaten lasse das Engagement aber massiv nach, sagt Vera Immitzer vom Solarverband PV Austria.

Der größte Kritikpunkt ist, dass das Elektrizitätswirtschaftsgesetz eigentlich fertig ist, aber im Nationalrat noch nicht beschlossen wurde. Es würde für die Flexibilisierung von Energieangebot und Verbrauch wichtig und würde neue Geschäftsmodelle ermöglichen. "Nun vergammelt es in der Schublade. Das ist eigentlich verantwortungslos", sagt Immitzer. Ebenso dringlich erwartet die Branche das Erneuerbare-Gas-Gesetz (EGG) oder das Erneuerbare-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG).

Bevölkerung steht hinter der Energiewende

"Die Energiewende ist die zentrale Aufgabe für die nächste Regierung", sagt Prechtl-Grundnig. "Erneuerbare Energie braucht es für die Versorgungssicherheit, die Sicherung des Wirtschaftsstandortes und der Erhaltung einer hohen Lebensqualität." Das sehen nicht nur Experten so, sondern auch der größte Teil der Bevölkerung, wie eine Umfrage zeige. "Die Menschen möchten das, obwohl sie nicht davon ausgehen, dass die Energiewende Energie kurzfristig billiger macht."

Alle Inhalte anzeigen

Schöne Überschriften ohne handfeste Inhalte

Eine Analyse der Parteiprogramme vor der Nationalratswahl zeige, dass es "einige schöne Überschriften" gebe, aber wenig konkrete Pläne, sagt Prechtl-Grundnig. Am konkretesten seien die Programme von Grünen und Neos. Die beiden Parteien griffen auch als einzige "das heiße Eisen" an, wie man Bundesländer zur Umsetzung von Erneuerbaren-Ausbau-Plänen verpflichten könne. Das sei absolut notwendig, denn die Länder seien teilweise zu "Energiewendeblockierern" geworden, sagt Immitzer.

Alle Inhalte anzeigen

Zu wenig Bewusstsein bei wichtigen Themen

So gut wie keine Pläne gebe es zur Speicherung von Strom und Wärme. Im Energiesystem der Zukunft seien Speicher notwendig, etwa um das Stromnetz stabil zu halten und Energieüberschüsse saisonal zu verschieben. Die Branche wünscht sich die Entwicklung einer nationalen Strategie dazu. Außerdem sollte es einen klaren Ausstiegsplan aus fossilen Heizformen geben, sagt Christoph Pfemeter, Geschäftsführer des Biomasseverbandes: "500.000 Ölheizungen und 900.000 Gasheizungen sollen bis 2040 ersetzt werden. Wie das gelingen soll, ist ein großes Fragezeichen."

Auch an anderen Baustellen gebe es viel Handlungsbedarf. Gefordert werden ein Infrastrukturfonds für den Ausbau von Stromnetzen und eine Verteilung der Kosten dafür auf das gesamte Bundesgebiet. Es brauche ein Konzept für die Umstellung von Gaskraftwerken auf grünes Gas wie Biomethan. Ein riesiges Potenzial hätte auch Tiefengeothermie, geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen dafür fehlen aber.

"Drive" soll beibehalten werden

Durch die Unklarheit darüber, wie die nächste Regierung aussehe, gebe es Sorgen, dass es einen "Bruch in der Kontinuität" bei der Energiewende gebe, so Prechtl-Grundnig. "Wir müssen den 'Drive' aufrecht erhalten, denn wir müssen in kurzer Zeit viel erreichen. Ich würde mir wünschen, dass es einen überparteilichen Konsens zum Ausbau erneuerbarer Energien gibt."