Causa Chorherr: „Nicht einmal der Versuch eines Beweises“
Der Prozess rund um den mutmaßlichen Korruptionsfall Christoph Chorherr offenbarte nicht nur eine prominente Anklagebank, sondern auch das Who-is-Who der Topanwälte – darunter Norbert Wess, Johann Pauer, Michael Rami, und Stefan Prochaska. Entsprechend hoch ging es am ersten Tag her, sogar von „Klassenkampf“ war die Rede.
Die WKStA wirft dem Ex-Gemeinderat Chorherr gleich zu Beginn vor, dass er sich als Amtsträger und „zentrale Person“ hat schmieren lassen: „Ohne Chorherr kein (Immobilien-)Projekt.“ Laut Anklägern hätten sie anfangs aber nichts gegen Chorherr & Co. in der Hand gehabt. Doch der Zufall wollte es, dass der WKStA im Verfahren gegen den Immo-Investor Michael Tojner dessen Chatprotokolle und Mails in die Hände fielen. Damit legten die Oberstaatsanwälte los. Im Eröffnungsplädoyer blieben sie aber jeglichen Beweis schuldig.
„Nicht schuldig“
Der Ex-Grüne Chorherr bekennt sich „nicht schuldig“. Worum geht es? Er soll Spenden für seinen Verein S2arch für ein südafrikanisches Schulprojekt angenommen haben und dafür bei Bauprojekten wie dem Heumarkt behilflich gewesen sein. Laut seinem Anwalt Richard Soyer habe Chorherr den Fehler gemacht, dass er mit Regierungseintritt der Wiener Grünen 2011 als Obmann des Vereins wegen Befangenheit nicht zurückgetreten sei. Ab diesem Zeitpunkt hätten aber die Spenden zugenommen. Soyer: „Natürlich hat Chorherr als Galionsfigur der Sache gut getan.“ Es sei Chorherr aber nicht daran gelegen, sich den Spendern gegenüber als gewogen zu verhalten und Spenden einzufordern.
„Ich erzähle Ihnen keine Märchen, sondern klare Standpunkte“, sagte Soyer vor dem Schöffengericht. Er fordert für seinen Mandanten eine Diversion, sprich die Beendigung des Verfahren ohne Schuldspruch
Keine Beeinflussung?
Auch Tojner setzt auf prominente Vertretung: Sein Anwalt Karl Liebenwein sagte: „Wir haben keinen einzigen Vorwurf der WKStA gegen Michael Tojner gehört, weil es keinen gibt.“ Es gebe beim Heumarkt-Projekt keinen Hinweis auf eine Intervention Chorherrs. Der Gemeinderat habe alles beschlossen, Chorherr war nur einer von 100 Gemeinderäten. Das Flächenwidmungsverfahren sei höchst transparent gewesen. Für eine Beeinflussung sei kein Raum gewesen, sagte Liebenwein. Irgendwelche Zusammenhänge zwischen Spenden und Projekten gebe es keine. Tojner sei lediglich von dem Schulprojekt in Südafrika überzeugt gewesen.
Ein Lebensprojekt
Top-Anwalt Michael Rami spricht für Investor Wilhelm Hemetsberger. Dieser sei kein Immobilienentwickler und habe etwa bei einer Geburtstagsfeier für das Südafrika-Projekt gesammelt. Er habe die Schule auch in Südafrika besucht, weil das sein „Lebensprojekt“ sei. Rami: „Es geht doch nicht, jemanden anzuklagen, ohne Beweise“.
Immobilienentwickler Günter Kerbler bzw. sein Verteidiger Johann Pauer sehen das ähnlich. Laut Anklage geht es um ein Projekt in der Seestadt in Wien-Donaustadt und insgesamt 100.000 Euro für den Verein Chorherrs. Doch Chorherr habe das Projekt gar nicht beeinflussen können, meint Pauer. Kerbler habe das Grundstück erst übernommen als der Flächenwidmungsplan „bereits fix und fertig“ war. Er sehe die Spenden als „soziale Verantwortung“, wenn man viel Geld verdient. Außerdem sei er mit Chorherr „seit Jahrzehnten befreundet“.
Star-Verteidiger Norbert Wess hat für den Prozessstart Beweise von der WKStA gegen seinen Mandanten Erwin Soravia erwartet. Das sei aber nicht erfolgt. Es habe ihn nachdenklich gestimmt, wie alles in einen Topf geworfen und etwas strafrechtlich Relevantes behauptet werde. Soravia habe anlässlich seiner Geburtstagsfeier ein Bild angekauft, dessen Erlös an das Südafrika-Projekt Chorherrs ging. Von der WKStA würde den Angeklagten pauschal unterstellt, dass sie kein soziales Gewissen hätten, es würde gar eine Art Klassenkampf konstruiert, so Wess. Soravia sei eigentlich wie Didi Mateschitz und rede ungern über seine sozialen Engagements. Es gehe hier nur um die Kriminalisierung von Projekten wie den Danube Flats.
Nicht einvernommen
Milliardär René Benko hat Top-Verteidiger Stefan Prochaska engagiert. In seinem Plädoyer meint er, dass er noch nie eine derartige Anklage gesehen habe. Er sehe „nicht einmal den Versuch eines Beweises“. Die Signa Holding Benkos habe 2011 eine Spende an das Südafrika-Projekt geleistet, da sei das von der WKStA ins Feld geführte Wiener Hauptbahnhof-Projekt „Quartier Belvedere“ mit den ÖBB längst unter Dach und Fach gewesen. Die Flächenwidmung erfolgte 2006. Er habe Chorherr weder gekannt noch gesprochen.
Prochaska zeigte sich „erschüttert“, dass Benko nie einvernommen wurde. Sein Fazit: Benko sei freizusprechen.