Was Hollywood-Star John Malkovich an Wien so sehr liebt
Von Elisabeth Sereda
Er spielte Jack Unterweger im Ronacher. Ist seit Jahrzehnten bestens befreundet mit der vielfach ausgezeichneten österreichischen Kostümbildnerin Birgit Hutter. Sein Lieblingswürstelstand ist am Schwarzenbergplatz. Und auch sonst ist John Malkovichs Beziehung zu Wien eine sehr enge.
Der in Illinois geborene Star feierte seinen Durchbruch in „Gefährliche Liebschaften“ (1988). Filme mit den Coen Bros., Actionfilme, Dramas und Komödien später, ist Malkovich beides: Charakterdarsteller und Kultstar, was sich in seinem Fall nicht widerspricht.
Der zweifache Vater, der zweimal verheiratet war, wurde jetzt 70. Er trat bisher in 134 Filmen und TV-Serien auf und hat weitere acht Projekte, die 2024 herauskommen.
KURIER: Sie galten als sehr temperamentvoll in jungen Jahren. Ist das ein Grund, warum Sie Schauspieler wurden?
John Malkovich: Ich finde, es ist das Gegenteil dessen, was man immer hört: dass alle Schauspieler komplett narzisstisch sind und mit dem Schauspiel dieses große Loch in ihrer Existenz füllen. Ich glaube, dass das sehr gesund sein kann. Denn als Schauspieler darfst du dich in so viele Charaktere hineinversetzen, darfst so viele verschiedene Situationen spielen, die du nie leben könntest. Und es gibt keine Konsequenzen. Du tust niemandem weh. Und wenn du damit auch noch erfolgreich bist, hast du doppelt Glück gehabt. Das ist ein Geschenk. Mir fällt das sehr leicht, und Schauspielen ist therapeutisch.
Was wenige wissen: Sie haben ein Faible für Mode. Haben Sie nicht sogar mal Kollektionen entworfen?
Ja, die hieß „Bohemian Techno“. Ich hatte auch ein eigenes Label, „Uncle Mutt“. Ich habe mich schon sehr früh mit Mode beschäftigt, weil ich die Kostüme für meine Steppenwolf-Theaterkompanie entwerfen musste. Wir hatten kein Geld für eine Kostümbildnerin. Auch das verbindet mich mit Birgit Hutter. Es ist einfach leichter, mit Frauen über Outfits und Stoffe und Designs zu reden als mit Männern.
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Wann lernten Sie Birgit Hutter kennen?
2006, bei den Dreharbeiten zu „Klimt“ in Wien. Zwei Jahre später brachte mir Birgit dann das Konzept für „The Infernal Comedy“, ein Theaterstück über den österreichischen Prostituiertenmörder Jack Unterweger. 2008 führte ich dabei selbst Regie in L.A.. Im Ronacher in Wien habe ich die Regie dem Autor Michael Sturminger überlassen.
Es verbindet Sie beide ja nicht nur die Mode, sondern auch die Kulinarik, nicht wahr?
Ja, während er Dreharbeiten zu „Klimt“ kochten wir gemeinsam für 75 Gäste. Es waren Eintöpfe und andere kulinarische Spezialitäten. Aber keine Mehlspeisen, denn keiner von uns liebt Süßes. Ich backe zwar manchmal, aber nie, wenn ich auf Reisen bin, denn ohne Rezept ist das keine gute Idee.
Sind Sie ein Fan der Wiener Küche?
Kann man sagen! Nach unserem Dinner für 75, bei dem wir so beschäftigt waren, dass wir kaum zum Essen kamen, wurde ich sehr hungrig. Wir hatten eine Menge Wein getrunken, und um zwei Uhr früh meinte ich: „Ich kann jetzt gut und gerne noch ein, zwei Flaschen aufmachen, aber wenn ich noch mein Hotel – das Schwarzenberg – finden will, muss ich etwas essen.“ Und da gibt es einen Würstelstand am Schwarzenbergplatz. Ich verschlang ein paar Käsekrainer und spazierte den Rest des Weges, aber als ich beim Hotel ankam, dachte ich, na, ich hole mir noch ein paar Würstel. Und danach war ich fast wieder nüchtern.
Ihre Liebe fürs österreichische Essen beschränkt sich aber nicht nur auf Würstel, oder?
Nein, ich liebe das Schnitzel im Gasthaus Pöschl, den Kaffee im Café Engländer und den Tafelspitz im Plachutta. Ich mag diese Lokale, weil sie nicht hip sind. Ich mag In-Lokale prinzipiell nicht, ich gehe lieber wohin, wo ich mich wohlfühle und wo eine gewisse Gemütlichkeit herrscht.
Sind Sie auch Weinliebhaber?
Natürlich, ich habe jahrelang in der Provence gelebt und kenne mich daher sehr gut aus mit Rotwein. Österreich ist zwar bekannter für den Weißwein, aber eure Roten sind auch nicht zu unterschätzen.
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Es ist ungewöhnlich, dass sich ein Amerikaner so gut auskennt in Europa und sich auch so wohl fühlt…
Natürlich könnten wir hier auf das Klischee des unkultivierten Amis eingehen, ein Klischee, das ja seine Richtigkeit hat. Aber wir sind nicht alle so ungebildet. Ich stamme aus dem Mittelwesten und kann an der Ostküste sehr gut leben, aber ganz sicher nie in Los Angeles. Dorthin fahre ich nur, um zu arbeiten. Ich glaube, als kultureller Mensch muss man Europa einfach lieben. An Wien liebe ich nicht nur seine Historie, sondern auch den Himmel, der nie ganz sonnig ist, und sich immer bewegt, und das in Minutenschnelle.
Was empfinden Sie, wenn Sie an Ihr Leben, an Ihre Karriere denken?
Ich habe ein fantastisches Leben. Ich bin ein Glückskind. Und das ganz ohne, dass ich viel dazu beigetragen hätte. Ich kann mich wirklich nicht beklagen. Meine Arbeit bringt mir Freude, meine Kinder, meine Beziehungen, meine Freunde, lesen, malen, designen, gärtnern bis meine Knie auslassen. Ich bin ein sehr glücklicher Mensch.