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Warum der deutsche Schauspieler Udo Kier gerne in der Wiener Blutgasse wohnen würde

Er spricht fließend Dänisch, Deutsch, Englisch – und ein paar Brocken Wienerisch: "Ich liebe diesen negativen Humor so sehr. Na hearst, na geh, Oida. Man gibt auf, bevor man es überhaupt versucht hat. Ich finde das so schön!" 

Das verriet der gebürtige Kölner Udo Kier, der seit den 1990ern in Palm Springs (Kalifornien) residiert, schon 2018 als Stargast des "Slash-Filmfestivals" dem KURIER.

Wien ist dem schaurigsten Schönling des Grusel-Genres seit jeher in Fleisch und Blut übergegangen. Denn hier hat er 1968 sein Debüt gefeiert – in "Schamlos" als Nachwuchsgangster mit (und unter) dem gleichaltrigen Model Su Widl (heute längst legendäre "Café Korb"-Prinzipalin). "Primitive Dialoge", "Bahnhofskino" und "Schundfilm" schrieben die höflichsten Kritiker.

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"Führer" & Verführer

Kier kam damals aus London, wo man ihn als "beängstigendsten Beau Europas seit Helmut Berger und Alain Delon" zunächst für einen Kurzfilm entdeckt hatte. In Wien nahm er Karate-Unterricht und ließ sich seine erste Lederjacke anmessen – wohl um für den Reißer "Hexen bis aufs Blut gequält" (1969), gedreht in Mauterndorf, als Sadist authentisch genug zu erscheinen.

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Schließlich schloss sich der Wiener Kreis seines Filmschaffens 2015 als Einspringer für den erkrankten Gert Voss in David Schalkos TV-Serie "Altes Geld" und als Fotograf im Fuchsmantel in "M – Eine Stadt sucht einen Mörder". Einer von Kiers ganz raren Rollen, in denen er kein blutsaufendes Monster gibt.

"Von meinen 220 Filmen", gestand er jüngst, "waren 100 schlecht, aber 50 okay und 50 sehr gut." Früh erkannte Kier: "Böse zu sein, ist spannender, als gut." Es wäre freilich blauäugig, ihn auf seinen Blick zu reduzieren oder auf die tiefen Bisswunden an den schmalen Hälsen seiner schönen Opfer.

Mindestens viermal hat er Adolf Hitler gespielt, immerhin lehnte er es ab, Mengele oder Eichmann darzustellen – ein Dämon, aber mondän. Ob als "Führer" oder als Verführer – die Liste der Regisseure, die sich um Udo Kier (wenn auch kaum jemals für die große Hauptrolle) rissen, ist so lang wie "leiwand" (um wieder in sein liebstes Idiom zu verfallen): Paul Morrissey (84), Andy Warhol, Christoph Schlingensief, Lars von Trier (68), Just Jaeckin, Quentin Tarantino (61), Werner Herzog (82) und und und.

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Sein Fach, die Gänsehaut-Garantie, scheint ihm in die Wiege gelegt: Seine Mutter hatte ihn 1944 während eines Bombenangriffs auf Köln zur Welt gebracht. Sie hielt ihn mit einem Arm, als sie im Spital verschüttet wurden, mit dem anderen grub sie sich und ihn stundenlang aus den Trümmern frei.

Noch immer nicht hat er sich die Sehnsucht nach dem ständigen Wohnsitz Wien erfüllt: "Ich würde ja so gern in der Blutgasse (um malerische Höfe im ersten Bezirk platziert, Anm.) einziehen und ich würde dort kleine Fledermäuse aus dem Fenster hängen."

Zur ewigen Ruhe – sofern dies hauptberuflichen Vampiren überhaupt gestattet ist – will sich Udo Kier freilich lieber auf dem Hollywood Forever Cemetery betten. Schon mit 50 mietete er sich dort die Grabstelle direkt neben Regie-Denkmal Cecil B. DeMille.