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Was Musical-Star Ute Lemper mit Marlene Dietrich zu tun hat

Als Kind ist sie zwar durchaus mit viel Musik aufgewachsen, „aber die ganze Welt um mich herum hat ein Künstlerleben eigentlich nicht zugelassen“, wie der internationale Musical-Star Ute Lemper (60) in der KURIER TV-Sendung „Herrlich ehrlich – Menschen hautnah“ erzählt. 

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„Das war das Deutschland der 1960er-Jahre, ich bin in einer ganz katholischen, moralistischen Welt aufgewachsen und ich wusste gleich, mein Feuer brennt viel zu heiß und ich muss hier ausbrechen“, so Lemper. 

„Was mir in die Wiege gelegt war, war das Rebellentum. Ich wollte weit weg in die Welt, ich wollte Menschen kennenlernen, aus der Normalität ausbrechen und wirklich einmal mich öffnen und mich neu definieren.“

Sie nahm Tanzunterricht, besuchte einen Musicalkurs von Susi Nicoletti (1918 –2005) in Salzburg, absolvierte das Max Reinhardt-Seminar in Wien und wurde hier in Wien auch gleich die Bombalurina in der ersten deutschsprachigen Aufführung von CATS.

Eine Mission

Danach zog es sie nach Berlin. „Ich hab dort Weill und Brecht gesungen, hab Musik studiert, mich formiert in dieser zerrissenen Welt zwischen Ost und West und habe gewusst, dass ich als junge Deutsche eine Mission habe“, erzählt sie. 

„Und zwar über die Vergangenheit zu reden in meiner Kunst, die Weimarer Zeit wiederzubeleben. Ich war unglücklich in dieser Welt. Das Deutschland damals war ein zerfleddertes Deutschland, was sich definieren musste in dieser Alliierten-Besetzungswelt, und ich war unglaublich verzweifelt über die Vergangenheit, den Holocaust, über das, was die Deutschen angerichtet haben. Ich wusste, ich muss darüber reden in meiner Kunst.“

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Es folgen Engagements in Paris, London und in New York am Broadway. 

Große Lebensziele hat sich Ute Lemper aber nie gesteckt. „Ich war eher ein Existenzialist. Ich hab eigentlich nie an das Morgen geglaubt, dachte nie, dass ich besonders alt werde, hab auch nie gedacht, da muss ich das und das erreichen, sondern habe immer den Moment, das Heute geliebt, wie es war, und versuchte immer nur, es zum nächsten Tag hineinzuschaffen.“

Sie wurde 1987 auch als „La nouvelle Marlene“, die neue Marlene gefeiert, was ihr selber gar nicht recht war. „Ich dachte: Mensch, Leute, ich bin 23 Jahre alt, ihr könnt mich doch nicht mit dieser Legende vergleichen, mit dieser unglaublichen Frau.“

Sie schrieb ihr daraufhin eine Art Entschuldigungsbrief und erhielt tatsächlich einen Anruf von der damals schon längst zurückgezogen lebenden Marlene Dietrich. 

„Wir haben drei Stunden lang geredet. Ich habe viel mitbekommen, ihre Melancholie, ihre Verlorenheit, ihre Wut, ihre Traurigkeit darüber, dass sie nicht in Deutschland zurück begrüßt worden ist, sondern rausgeächtet wurde, da sie amerikanische Soldatin im Zweiten Weltkrieg war, für die Amis gekämpft hat, gegen Nazi-Deutschland. Eine wunderbare Entscheidung, die man ihr in Deutschland übel genommen hat, fast bis zu ihrem Tod“, so Lemper.

„Man hat sich nie entschuldigt. So ist sie nach Paris zurückgezogen, hat dort gelebt und hat wirklich darunter gelitten, nicht in ihr Land zurückzukönnen. Das hat sie mir mitgeteilt, aber auch viel anderes. Sie hat über ihre Kunst geredet, über ihre Lieder, ihre Interpretationen, ihre Liebhaber und all das.“ 

Selbst nach ihrem Tod, als Marlene Dietrich 1992 im Sarg nach Berlin zurückkehrte, schien man ihr nicht verziehen zu haben. Keine große Gedenkfeier, da Proteste angesagt waren. Mit dem Programm „Rendezvous mit Marlene“ erzählt Ute Lemper Marlene Dietrichs Geschichte – eine Hommage an die große Künstlerin.

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„Ich habe mir wirklich vorgenommen, diese Geschichte zu erzählen in unserer heutigen Welt voller Menschen, die wieder mal die Geschichtsbücher nicht gelesen haben. Und Geschichte wollte ein guter Lehrer sein, aber die Geschichte konnte keine Schüler finden", so Lemper.

"Wir wissen, dass in vielen Ländern, auch in Deutschland, die Rechtsparteien wieder guten Grund gefunden haben, sich zu vermehren, und die Menschen folgen blind und fanatisch, ohne wirklich zu wissen, was sie tun. Und ich denke, die Geschichte der Marlene ist eine Geschichte, noch einmal aufzurufen und vor allen Dingen zu erkennen, dass unsere Welt heute nicht mehr nationalistisch sein darf, sondern nur international und dass die Menschenrechte vor allen anderen Gesetzen an erster Stelle stehen.“

Lemper ist aber derzeit auch mit ihrem Programm „Time Traveler“ weltweit unterwegs und plant für kommendes Jahr anlässlich seines 125. Geburtstages Kurt-Weill-Abende. 

„Das ist mein engstes und liebstes Ur-Repertoire mit dem ich so viel erzählen möchte, auch über mich, über mein Leben, über meine Entdeckungen, aber auch über den Komponisten, der ein großes, aber auch tragisches Leben hatte.“