WM-Kolumne: Eindringlinge in die High Snowciety
Von Christoph Geiler
Nina Ortlieb fühlt sich auf der Rennpiste eindeutig wohler als beim Après-Ski. Das war ihr auch deutlich anzusehen, als sie nach dem Gewinn der Silbermedaille in der WM-Abfahrt herumgereicht wurde, für Fotos und Selfies posieren sollte und dabei mitunter den Eindruck erweckte, als wüsste sie nicht, was gerade rund um sie geschieht.
Aber wer kann es Nina Ortlieb auch verdenken? Es war ja tatsächlich ein seltsames Treiben bei der Medaillenfeier im österreichischen Mannschaftshotel Mont Vallon in Méribel. Kaum einmal war bei einer ÖSV-Party die Stimmung so im Keller wie an diesem Samstagabend.
An Nina Ortlieb ist’s jedenfalls nicht gelegen. Die Vorarlbergerin ist zwar ein eher ruhiges Gemüt und nicht bekannt für die großen Emotionen, aber den größten Moment ihrer Karriere hätte sicher auch sie gerne intensiver und länger ausgekostet.
Nur da hatte einer augenscheinlich etwas dagegen: Der Hotelmanager, der die Feier-Gesellschaft herablassend behandelte und dabei kein Hehl daraus machte, was er von den Gästen in seinem Haus hält. Nach nicht einmal einer Stunde war die Medaillen-Party auch schon wieder aufgelöst.
Nur einmal zur Verdeutlichung: Der ÖSV lässt sich diese WM viel kosten und auch im Mannschaftshotel einiges Geld liegen: 600 Euro bezahlt der Skiverband pro Nacht und Zimmer. Insgesamt schlägt sich die WM mit über einer Viertelmillion Euro nieder.
Die Medaillenfeier von Nina Ortlieb offenbart genau das Dilemma bei dieser WM in den zwei Nobelorten Courchevel und Méribel: Man scheint hier nicht wirklich glücklich zu sein über die Gäste aus dem alpinen Paralleluniversum, die für zwei Wochen in die High Snowciety eingedrungen sind und den seligen Frieden stören.
Nächsten Sonntag werden dann wohl die Champagnerkorken knallen. Dann zieht die Ski-WM ab. Und die Nerzbolde sind wieder unter sich.