Sport/Wintersport

Skispringerin Pinkelnig: "Es waren Anzeichen von Alzheimer da"

Es wäre jetzt vielleicht an der Zeit, dass sich einige Menschen in aller Form bei Eva Pinkelnig entschuldigen. Dafür, dass sie die Skispringerin abgeschrieben, ja wenn nicht sogar als Sportlerin bereits totgesagt haben. Nicht nur einmal wurde Eva Pinkelnig mitgeteilt: Bleib liegen, es bringt nichts mehr. Andere sagten ihr ins Gesicht: Dir fehlen die Basics, du hast das Skispringen als Kind nicht gelernt. Nicht zu vergessen die Gesundheitstipps: Deine neurologischen Schäden sind zu groß, das Skispringen wird nie wieder gehen.

„Das habe ich sicher Hunderte Male gehört“, berichtet Eva Pinkelnig im KURIER-Gespräch. „Es hat im ÖSV niemanden gegeben, der noch an mich geglaubt hat.“

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Das sagt jene Frau, die inzwischen so etwas wie die heimliche First Lady im Damen-Skispringen ist. Die am Sonntag den Weltcup in Zao (Japan) dominiert und damit die letzten drei Bewerbe gewonnen hat. Die mittlerweile nur noch ein Pünktchen von der Weltcupführung trennt. Und die obendrein 2019 bei der Heim-WM in Seefeld zwei WM-Medaillen mit dem Team gewonnen hat.

 

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Schädel-Hirn-Trauma

Gottlob hat Eva Pinkelnig all die gut gemeinten Ratschläge in den Wind geschlagen. „Die Leute beim ÖSV haben es in ihrem Horizont halt nicht mehr gesehen, dass bei mir noch etwas möglich ist“, verteidigt die 31-Jährige heute all die Skeptiker im österreichischen Adlerhorst. „Das ist nur zutiefst menschlich. Und wahrscheinlich hatten sie damals sogar Recht.“

Vor drei Jahren konnte ja auch wirklich keiner ahnen, dass Eva Pinkelnig in ihrem Leben noch einmal über eine Schanze springen würde. Zwei fatale Stürze hatte sie da gerade hinter sich, die Ärzte diagnostizierten bei der Dornbirnerin ein schweres Schädel-Hirn-Trauma.

„Das Hirn war viel länger angeschwollen, als es hätte sein dürfen“, erzählt Eva Pinkelnig. Nach den Stürzen litt sie unter massiven neurologischen Problemen. „Meine linke Seite hat einen Schaden abbekommen, bei mir hat es die Augenpartie erwischt. Bei 60 km/h haben meine Augen abgeschaltet. Das kannst du nicht haben, wenn du mit 90 km/h auf den Schanzentisch zurast und nichts siehst.“

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Erinnerungslücken

Aber noch weit besorgniserregender waren die Ergebnisse ihrer Gehirnuntersuchungen. „Es waren Anzeichen von Alzheimer da“, erzählt Eva Pinkelnig, „mein Hirn hat Strukturen aufgewiesen, die jemand in meinem Alter eigentlich nicht haben dürfte. Ab dem Zeitpunkt ging es mir nur noch darum, wieder gesund zu werden.“Die Vorarlbergerin nahm Geld in die Hand und konsultierte einen Spezialisten, der ihre neurologischen Defizite wieder in den Griff bekam. Mit Erfolg, wie sie heute weiß: „Ich habe mir viel wieder antrainieren können.“

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Noch heute ist sie entsetzt darüber, dass sie nach dem ersten schweren Sturz in Ramsau gleich wieder über die Schanze ging. „Der Sturz ist damals bagatellisiert worden.“ Mehrere Wochen war sie trotz ihrer schweren Gehirnerschütterung im Weltcup unterwegs, ehe sie kurz vor Weihnachten dann in Oberstdorf erneut schwer zu Sturz kam. „Ich weiß von dieser Zeit nichts mehr. Ich war in Nischnij Tagil und kann mich daran nicht erinnern. Gott hat seine Hand über mich gehalten. Sonst hätte das anders ausgehen können.“

 

Karriere

Eva Pinkelnig (*27. Mai 1988 in Dornbirn) war in ihren Jugendjahren eine Skiläuferin. Erst im Alter von  24  Jahren sprang die Vorarlbergerin das erste Mal über eine Sprungschanze. Bis zu ihrem Weltcupdebüt 2014 in Lillehammer arbeitete Pinkelnig noch als Erzieherin. Heute ist sie Heeressport-Athletin.


Erfolge

Pinkelnig behauptete sich rasch im Weltcup. In ihrer ersten Saison wurde sie bei der WM in Falun gleich Achte. In den letzten beiden Wintern nahm ihre Karriere richtig Fahrt auf: Bei der Heim-WM in Seefeld holte sie mit dem Team zwei Silbermedaillen.  In diesem Winter feierte Pinkelnig drei Weltcupsiege.

Kampfgeist

Jeder hätte es verstanden, wenn Pinkelnig die Karriere beendet hätte. Keiner hätte es ihr verübeln können, wenn sie am Boden geblieben wäre. Doch das würde nicht zu dieser Frohnatur aus dem Ländle passen. „Das Kämpfen liegt in meiner Natur“, sagt die Vorarlbergerin. „Deshalb bin ich nach jedem Fußtritt wieder aufgestanden.“

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Und deshalb hat sie sich seinerzeit auch nicht davon abhalten lassen, im Alter von 24 Jahren noch Skispringerin zu werden. Ihr Dauergrinser, mit dem sie oben auf dem Zitterbalken sitzt, ist nicht nur ihr Markenzeichen geworden, er ist auch die perfekte Reaktion auf all jene Experten, die sie oft belächelt haben.

Wie meint doch Eva Pinkelnig: „Ich habe schon viel mehr erreicht, als mir die Leute zugetraut haben.“