Von der Farm in den Ring: Box-Star "Canelo" fordert Champion Biwol
Von Silvana Strieder
Eine Woche, nachdem die beste Pound-for-Pound-Boxerin (Nummer eins der Rangliste) der Welt, Katie Taylor, ihre Fähigkeiten einmal mehr unter Beweis stellte, ist in der Nacht auf Sonntag (ab 2 Uhr live auf DAZN) der beste Pound-for-Pound-Boxer der Welt gefordert: Saúl Álvarez, besser bekannt als "Canelo".
Auf den Mexikaner (Bilanz: 57-1-2), der Weltmeistertitel in vier Gewichtsklassen gewann, wartet mit dem noch ungeschlagenen Russen Dmitri Biwol (19-0-0) ein echter Härtetest.
Von 283 Amateurkämpfen gewann Biwol insgesamt 268. Der WBA-Champion im Halbschwergewicht verteidigte bereits achtmal seinen Titel. "Canelo ist ein großartiger Kämpfer. Dieser Typ hat große Spuren in der Geschichte des Boxens hinterlassen", sagt der 31-Jährige. Seiner eigenen Fähigkeiten ist Biwol mehr als bewusst und glaubt, "dass ich Saul besiegen kann. Ich habe jeden geschlagen, gegen den ich in meiner Karriere gekämpft habe."
Womit Biwol bei der Pressekonferenz aber nicht gerechnet hat, war Canelos jüngste Tochter María Fernanda, die ihm frech die Zunge zeigte.
Komplexes Leben
Biwols Mutter ist koreanischer Abstammung, wurde aber in Kasachstan geboren, sein Vater in Moldawien. Die beiden lernten sich in Russland kennen und zogen nach Kirgisistan. "Das ist mein Mutterland, ich liebe es, auch wenn es kein reiches Land ist." Auch wenn Biwol unter russischer Flagge antreten wird, fühlt er sich Kirgisistan am meisten verbunden.
Russlands Krieg gegen die Ukraine macht ihn nachdenklich: "Wir sind Menschen. Wir müssen eine bessere Welt für uns alle schaffen. Das ist natürlich traurig“, sagte Biwol im Gespräch mit dem Guardian.
Arbeit auf der Farm
Der ebenfalls 31-jährige Boxer begann erst im Alter von 13 Jahren mit dem Sport, als er seinen älteren Bruder bei dessen Debüt sah: "Es war, als hätten sich meine Augen in Boxhandschuh-förmige Herzen verwandelt. Seitdem wollte ich auch Boxer werden und bekam den Sport nicht mehr aus meinem Kopf."
Zwei Jahre später wechselte er bereits ins Profibusiness und erhielt am Anfang für seine Kämpfe teilweise nur 40 Dollar. Nach der Schule arbeitete er stundenlang auf einer Farm, molk Kühe und passte auf Schweine und andere Tiere auf. "Wir hatten nicht viel, doch da wir nichts anderes kannten, waren wir glücklich", sagt Canelo.
Seinen Nicknamen, der auf Deutsch "Zimt" heißt, erhielt der Mexikaner aufgrund seiner roten Haare und dem von Sommersprossen überzogenen Gesicht. Als Kind wurde er deshalb auch von anderen Kindern gehänselt, doch lange ließ er sich nicht herumschubsen und irgendwann haben ihn alle respektiert – bis heute.
Den einzigen Profikampf verlor Canelo 2013 gegen Floyd Mayweather, den zur damaligen Zeit besten Boxer und größten Star des Sports. Mayweather wusste, dass er den jungen hungrigen Boxer mit dem "Gott gegebenen Talent" nicht unterschätzen durfte und machte an diesem Abend keinen Fehler. Canelo verlor nach Punkten zum ersten und bislang letzten Mal in seiner Karriere. Dmitri Biwol ist fest entschlossen, in der Nacht auf Sonntag daran etwas zu ändern.