Sport/Tennis

Tennis-Ass Barbara Haas: "Ich bin es auch ein wenig leid"

Wenn am Montag der Hauptbewerb des WTA-Turniers in Linz startet, wird Österreichs aktuell beste Tennisspielerin versuchen, erstmals bei ihrem Heimturnier die zweite Runde zu erreichen. Sechs mal war Barbara Haas in den letzten neun Jahren mit dabei, stets kam das Aus in Runde eins. Zum Auftakt wartet diesmal die Russin Veronika Kudermetova, die als Nummer 46 der Welt exakt 100 Plätze vor der Oberösterreicherin liegt. 

Haas ist nun schon seit Jahren die heimische Nummer eins bei den Frauen. Und schon seit Jahren versucht sie, den Sprung unter die besten 100 der Weltrangliste zu schaffen. Bislang vergeblich. Die 24-Jährige hält aber an ihren Zielen fest: "Wenn alles zusammenpasst, bin ich überzeugt davon, das zu schaffen." Vor dem Turnier in Linz gab sie dem KURIER ein ausführliches Interview und sprach dabei über Corona, die Lage des österreichischen Frauentennis und Aushängeschild Dominic Thiem.

Nur wenige Tage vor dem WTA Turnier in Linz wurde von der Regierung ein neuerlicher Lockdown beschlossen. Wie haben Sie die letzten Monate erlebt und wie sind Sie mit dieser unsicheren Situation umgegangen?

Es war natürlich sehr turbulent, weil wir gar nicht reisen konnten, bzw. das Reisen sehr kompliziert ist. Für uns als Tennisspielerinnen ist es schwierig, weil ich gewohnt bin, so viele Wochen im Jahr von A nach B zu fliegen. Das habe ich immer als normal gesehen und jetzt merke ich, wie kompliziert das alles geworden ist. Wir befinden uns einfach in einer kompletten Ausnahmesituation und noch dazu hatte wir bei den Frauen überhaupt keine Turniere. Ich bin jetzt eigentlich seit Paris Zuhause, davor ebenfalls. Was sehr ungewohnt für mich ist. Aber auf der anderen Seite ist es jetzt einfach so und man muss das akzeptieren. Ich kann ja auch nicht viel machen. Ich bin keine Virologin und kann nicht sagen, ob das richtig oder falsch ist.

Sie haben heuer gerade einmal 16 Einzelspiele auf der WTA-Tour absolviert. Zwischen März und August aufgrund der Corona-Situation kein einziges. Das Turnier in Linz ist jetzt das letzte Turnier des Jahres. Kann man nach so einem Jahr überhaupt sportlich Bilanz ziehen?

Es waren ganz wenige Turniere und Matches. Aber nichtsdestotrotz stehe ich jeden Tag auf und versuche das Beste aus mir rauszuholen. Das habe ich jetzt auch in diesem Jahr versucht. Daher glaube ich schon, dass ich mich als Spielerin weiterentwickelt habe.

Und ich hoffe natürlich, dass ich nächstes Jahr voll angreifen kann, dass ich fit und motiviert in die nächste Saison starte. Um dann da wieder ordentliche Turniere zu spielen. Aber man weiß ja jetzt auch noch nicht, wie es weitergeht. Da ist es natürlich schwierig zu sagen, ob es eine gute oder schlechte Saison war. Ich denke, man muss es so stehen lassen, wie es ist. Aber man kann sicher nicht viel daraus analysieren. Meine Ziele sind dennoch klar definiert.

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Das große Ziel ist jetzt schon länger der Sprung in die Top 100. Sie sind aktuell die Nummer 146 der Welt. Ein Blick auf die letzten Jahre zeigt, dass Sie sich da zwar sehr konstant in diesem Bereich bewegen, aber der Sprung in die Top 100 blieb Ihnen bislang verwehrt. Woran liegt das Ihrer Ansicht nach?

Ich habe mir das jetzt schon lange vorgenommen und stehe schon seit Jahren kurz vor dem Sprung. Es ist mir bislang noch nicht gelungen und ich weiß auch nicht, ob mir das nächste Saison oder in zwei Jahren gelingen wird. Oder ob es überhaupt gelingt. Aber ich versuche tagtäglich an mir zu arbeiten und mich zu verbessern. Ich mache meinen Job gern und bin davon überzeugt, dass ich das schaffen werde. Aber ich weiß nicht, wann das sein wird. Das kann ich nicht sagen. Aber ich versuche und gebe alles dafür.

  • KARRIERE

Barbara Haas (geboren am 19.März 1996 in Steyr) steht seit ihrem fünften Lebensjahr auf dem Tennisplatz. Trainiert wird die Oberösterreicherin von Jürgen Waber und der ehemaligen Top-20-Spielerin Sybille Bammer

  • ERFOLGE

Die 24-Jährige feierte bislang im Einzel 16 Turniersiege auf der ITF-Tour. In diesem Jahr stand sie bei den French Open und den US-Open im Hauptbewerb. Das beste Ranking in der Weltrangliste war ein 133. Platz, aktuell scheint Barbara Haas auf Rang 146 auf. Über ihre gesamte Karriere hinweg gab es 312 Siege und 167 Niederlagen.

Wie schwer ist es, das aus dem Hinterkopf zu bekommen, bzw. auszublenden. Weil es ja vermutlich doch auch für Druck sorgt, oder?

Natürlich macht es Druck, aber je älter und erfahrener ich werde, umso mehr weiß ich, dass die Top 100 nur eine Zahl sind. Man muss einfach gut Tennis spielen, topfit sein und auch mental gut drauf sein. Und dann schafft man das auch. Bei mir sind es immer wieder kleine Bausteine, die nicht so passen. Das ist immer wieder etwas anderes. Aber wenn mal alles zusammenpasst, bin ich überzeugt davon, das zu schaffen.

Lassen Sie uns doch auch kurz über das österreichische Frauen-Tennis generell sprechen. Sie sind wie gesagt aktuell auf Position 146, Julia Grabher auf 225, Melanie Klaffner auf 517 und Mira Antonitsch auf 641. Woran machen Sie die aktuell doch eher triste Lage des Frauentennis in Österreich fest? Wo liegen die Probleme?

Das Frauentennis steht in Österreich auf keinen Fall gut da, das stimmt. Woran es liegt, ist für mich schwer zu beurteilen. Ich weiß auch, dass der Druck auf mir lastet und von mir das meiste erwartet wird, weil es dahinter nicht viel gibt. Aber ich versuche das auszublenden und mich auf meine Dinge zu konzentrieren, damit ich persönlich so weit wie möglich nach vorne komme. Aber es ist kein Geheimnis, dass das Frauentennis in Österreich nicht gut dasteht. Ich bin es aber auch ein wenig leid, dass man das immer wieder erwähnt. Es ist einfach so, man kann keinen Dominic Thiem nach vorne zaubern.

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Apropos Dominic Thiem. Inwiefern ist sein Erfolg auch etwas Fluch für das Frauentennis, wenn die öffentliche Aufmerksamkeit - natürlich auch medial - so klar auf eine Person fokussiert ist? Die anderen Leistungen rücken dadurch ja immer etwas in den Hintergrund. Ist das ein Problem?

Nein, ich glaube, dass dem österreichischen Tennis nichts Besseres passieren konnte als ein Dominic Thiem. Man sieht ja auch, dass ein richtiger Tennis-Hype da ist. Ich finde, dass man das total positiv sehen muss und dass es toll ist, was er erreicht hat. Natürlich steht dank Dominic Thiem auch das Herrentennis super da. Würden wir so jemanden bei den Frauen haben, würde auch das Frauentennis gut dastehen. Selbst wenn dahinter sonst niemand wäre.

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Es gab ja in den letzten Wochen auch international viel Kritik an der WTA, aufgrund des sehr dünnen Turnierkalenders für das verbleibende Jahr. Während die Herren fast wöchentlich im Einsatz sind, ist bei den Frauen das Turnier in Linz das letzte. Fehlt da auch international etwas das nötige Standing des Frauentennis?

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, woran das scheitert, warum wir weniger Turniere haben. Selbst, wenn Corona nicht wäre, hätten die Herren mehr Turniere. Auch bei den Challengers haben die Herren mehr Turniere und auch mehr Preisgeld. Ich muss aber auch sagen: In der Situation, in der wir uns aktuell befinden, weiß ich nicht, ob ich von Woche zu Woche so viel reisen würde. Es ist einfach alles kompliziert. Ich weiß also nicht, ob die Spielerinnen jetzt so glücklich wären, wenn da jetzt jede Woche ein Turnier wäre. Es ist einfach eine schwierige Zeit. Sicher ist es schade, dass es nicht öfter die Möglichkeit gibt, aber auf der anderen Seite sind wir auch mitten in einer Pandemie.

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Gibt es eigentlich auf der Tour aktuell oder in der Vergangenheit Spielerinnen oder auch Spieler, die Sie als Vorbild oder Inspiration bezeichnen würden? Von denen Sie sich eventuell auch spielerisch etwas abschauen könnten? 

Ja, die gibt es. Als ich noch ein Kind war, waren die beiden Belgierinnen Justine Henin und Kim Clijsters riesige Vorbilder von mir. Die haben mir voll getaugt. Natürlich schaue ich mir auch von unterschiedlichen Spielerinnen - ob jetzt besser oder schlechter platziert - manche Dinge ab. Aber mittlerweile versuche ich einfach, die beste Version von mir selbst zu sein.

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Schließen wir doch den Kreis und reden über das Turnier in Linz bzw. Ihre Zukunft. Mit welchen Erwartungen, bzw. welcher Ausgangslage gehen Sie in das Turnier?

Für mich ist es natürlich ein Bonus, dass ich im Hauptbewerb stehen kann. Ansonsten wäre es gar nicht so sicher gewesen, dass ich es in die Qualifikation schaffe. Deshalb habe ich auch nichts zu verlieren, bzw. keine großen Erwartungen. Ich möchte einfach gut Tennis spielen und freue mich, dass wieder einmal ein Wettkampf ist.

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Wie geht es dann nach Linz für Sie weiter? Wie sehen die weiteren Pläne aus?

Es ist alles noch fraglich. Wahrscheinlich werde ich schon Mitte Dezember nach Australien fliegen, aber wie und wann ist noch offen. Es gibt noch keinen Plan, auch von der WTA nicht. Ich glaube, die wissen aktuell selbst nicht, wie es konkret weitergeht.

Vor knapp drei Jahren haben Sie dem Standard gesagt, dass Sie in den nächsten zwei bis drei Jahren den Sprung in die Top 100 schaffen wollen. Dieses Ziel haben Sie nicht erreicht. Wie sieht aktuell die mittelfristige Zielsetzung aus? Also wenn wir wieder zwei, drei Jahre nach vorne blicken?

Das ist schwierig zu sagen. Ich möchte einfach, dass es mir auch weiterhin Spaß macht, hart an mir zu arbeiten und mich zu verbessern. Und dann glaube ich, macht sich das auch im Ranking bemerkbar. Es wäre natürlich schön, wenn ich es in die Top 100 schaffen würde, um dann auch die Hauptbewerbe bei den großen Turnieren spielen zu können.

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