Sport

Sextests waren keine Lösung: Transgender und die (Un-)Gerechtigkeit

„Die Geschlechtsidentität von Menschen lässt sich weder aus dem Aussehen noch aus dem Namen verlässlich ableiten. Gern können Sie mir mitteilen, wie ich Sie ansprechen soll. Ich bitte Sie, mich als Frau anzusprechen.“

So heißt es in einem Schreiben von Frau Magister Azra Dizdarevic, 33. Die grüne Bezirksrätin aus Wien 8 wurde vom Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler mit der Leitung des Kompetenzzentrums für Diversität, Antirassismus und Antidiskriminierung beauftragt.

Eben dieses Kompetenzzentrum hat Neos-Abgeordnete zu einer geharnischten Anfrage an Kogler veranlasst. Wegen „Zuständigkeitschaos gegen Diskriminierung im Sportministerium“, zumal mit „Vera“ und „Iris“ ohnehin ähnliche Einrichtungen bestünden. Koglers Vorvorvorvorvorvorvorgänger als politischer Obersportler, Ex-BZÖ-Staatssekretär Karl Schweitzer, befürchtet gar „unglaubliche Auswirkungen auf den Sport“, sollte der sich zu sehr an Diversitäten orientieren.

Sind für Transgender-Athleten eigene Wettkämpfe zu organisieren? Kann verhindert werden, dass zu männliche Frauen sich im Frauensport einen (so die IOC-Bezeichnung) „unverhältnismäßigen Vorteil“ verschaffen, ohne sie zu diskriminieren?

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Frage 2 beschäftigte Medien schon in den 60ern ...

... als auf Ämtern sechs Versionen zum Ankreuzen des Geschlechts noch völlig unvorstellbar waren;
... als Erik Schinegger, der sein als Abfahrerin errungenen WM-Gold später der Französin Marielle Goitschel übergab und nach einer OP als Mann mit der Situation viel offener umging als der erzkonservative ÖSV;
... als die ukrainischen Geschwister Tamara und Irina Press in Kugelstoßen und Mehrkampf mit fünf Olympia-Goldenen zu Moskaus Sportstolz geworden waren, ehe sie 1966 nach der Einführung von Sextests zurücktraten. Tamara wurde Bauingenieurin, Irina KGB-Offizier.

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Im Jahr 2000 wurden die Sextests wieder abgeschafft. Zudem seien laut IOC-Studien Transsexuelle im gegenwärtigen Spitzensport deutlich unterrepräsentiert. Konkret heißt es: „Während zwischen 0,1 und 1,1 Prozent der Weltbevölkerung transgender sind, bezeichnen sich weniger als 0,0001 Prozent der aktuellen Olympioniken offen als trans oder nicht binär.“

IOC

Ungeachtet dessen überlässt es das IOC den einzelnen Fachverbänden, Starterlaubnis zu erteilen. Was wie feiges Abschieben der Verantwortung seitens ohnehin umstrittener Olympiabosse klingt, ist in Wahrheit realistisch. Im Reitsport z.B. sind die Chancen für Frauen wie Männern gleich. Konträr zu Gewichtheben oder Speerwerfen.

Der Leichtathletik-Weltverband lässt transgeschlechtliche Frauen künftig nicht mehr in der Frauen-Kategorie antreten, wenn sie die männliche Pubertät durchlaufen haben. „Ihr Ausschluss gilt unabhängig vom aktuellen Testosteronspiegel ab sofort“, verkündet der Weltpräsident und 1500-m-Doppelolympiasieger Sebastian Coe.

Fazit: Eine für alle gerechte Diversitäten-Lösung wird es trotz diverser Kompetenzzentren kaum geben.