Sport/Motorsport

TV-Moderatorin Andrea Schlager: Bei der MotoGP in der Poleposition

Sie ist dort, wo die Fans gerne wären. Ganz nah’ am Geschehen. Andrea Schlager berichtet seit fünf Jahren für ServusTV aus der Boxenstraße und dem Fahrerlager. Auch beim zweiten Rennen der MotoGP in Spielberg innerhalb einer Woche ist sie sprichwörtlich live dabei.

Die MotoGP fährt wieder in Spielberg. Haben  Sie das vergangene  Wochenende eigentlich schon verdaut mit den zwei Horrorstürzen?

Ich habe mir am Montag noch einmal alles angesehen und muss gestehen: ich war emotional richtig fertig. Zum Glück ist nichts passiert, was an ein Wunder grenzt. Die zwei Unfälle hintereinander waren für alle irgendwie zu viel an diesem Sonntag.

Wie geht es Ihnen als Journalistin in diesem Moment. Bekommt man die Tragweite gleich mit?

Ja. Bei schweren Unfällen herrscht eine erdrückende Stimmung im Fahrerlager. Das Furchtbarste in diesen Momenten ist das Schweigen, die Stille.

Denken Sie auch daran, eventuell über Todesfälle berichten zu müssen?

Nein, gar nicht. Ich bin fünf Jahre dabei und kenne mittlerweile die Fahrer. Man denkt in so einem Moment: Bitte, steh’ auf. Da bin ich mehr Mensch als Journalistin. Sollte das Schlimmste passieren, dann muss man in Folge ohnehin professionell handeln.

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Sie hätten aber mit dem Gustl Auinger als Experten jemanden an Ihrer Seite. Würde das in so einem Moment helfen?

Nein, das hilft dir nicht wirklich. Der Ausspruch „Geteiltes Leid ist halbes Leid“  gilt in dem Moment gar nicht. Weil  alle am Limit sind.

Durch Corona müssen Sie mit Maske und auch mit Visier interviewen. Ist das nicht extrem mühsam?

Man gewöhnt sich tatsächlich sehr schnell an neue Situationen.  In Jerez bei den ersten Rennen war es noch heftig, weil bei allen die Aufregung groß war, dazu kam die Hitze. Von der Früh bis zum Abend waren wir stets mit Maske unterwegs. Am Montag  nach dem Rennwochenende habe ich die Belastung gespürt mit Kopfweh.

Ist es nicht auch sprachlich schwierig, durch eine Maske zu reden?

Man muss auf alle Fälle lauter sprechen. Zuerst hatte ich eine dickere Maske mit, da habe ich nur schwer Luft bekommen und überdeutlich reden müssen, damit man überhaupt etwas hört.

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Ist die MotoGP in Corona-Zeiten als spannende TV-Sportart  ein Gewinner?

Also Gewinner gibt es in Corona-Zeiten generell keine. Es fehlen die Zuschauer, die Einnahmen. Das merken vor allem die Moto3 und die Moto2, mindestens die Hälfte der Teams kämpft da ums Überleben. Das gesamte Merchandising fällt weg. Aber ja, die MotoGP hat in der Corona-Zeit den Vorteil, dass die Übertragung sehr gut möglich ist. Nur die Stimmung vor Ort geht ab.

Wie gehen Sie privat mit Corona um?

Ich habe keine Angst. Ich bin ein junger, gesunder Mensch, denke aber nicht, dass mir nichts passieren kann. Im Rahmen der Arbeit fühle ich mich sicher und gut aufgehoben, weil wir oft getestet werden. Ich halte mich an alle Auflagen, mit ein wenig Hausverstand lässt sich alles einrichten. Hinterfragen sollte man aber einiges nicht.

Was denn?

Auf dem Flughafen laufen alle mit Abstand hintereinander zum Boarding, im Flieger sitzen aber alle dicht nebeneinander. Das passt vorne und hinten nicht zusammen für mich. Gemerkt habe ich bei mir ein anderes Verhalten, was meine Eltern angeht. Die besuche ich nicht so ohne weiteres ohne ein negatives Testergebnis. Da bin ich vorsichtiger geworden oder verantwortungsbewusster. Ich will bei ihnen absolut kein Risiko eingehen.

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Sie sind eine gute Tennisspielerin und waren schon bei den Australian Open journalistisch im Einsatz. Werden Sie für ServusTV auch bei den US Open dabei sein?

Es war geplant, aber durch Corona haben wir umgestellt. Wären Journalisten zugelassen gewesen, wäre ich dort gewesen.

Welche Passion ist die größere: Tennis oder der Motorsport?

Das kann man nicht vergleichen, ich fühle mich in beiden Sportarten  wohl. MotoGP mache ich beruflich seit fünf Jahren, habe alles kennengelernt, wodurch für mich das Arbeiten einfach geworden ist. Auf der anderen Seite bin ich mit Tennis groß geworden. Der Hype durch Dominic Thiem ist schön mitzuerleben. Früher habe ich viel gespielt, dann lange Zeit den Schläger gar nicht mehr angegriffen. Und jetzt bekomme ich wieder ein Gefühl dafür, warum mir Tennis immer schon so viel bedeutet hat. Die Australian Open 2020 waren schon etwas ganz Besonderes mit dem Finale Thiem gegen Djokovic.

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Wie schwierig ist es für Sie, die journalistische Distanz zu wahren, wenn Sie  mit den Sportlern so viel Kontakt haben und sie als Menschen kennenlernen?

Reisserisch sind wir bei ServusTV nicht. Und wenn es kritische Fragen gibt, dann weiß der Sportler damit umzugehen. Sie sind professionell. Beide Seiten wissen, was der Job des anderen ist, auch wenn man sich noch so gut versteht. Man begegnet einander auf Augenhöhe. Ich habe mir noch nie gedacht, dass ich eine Frage jetzt nicht stellen kann.

Lebt der Motorrad-Zirkus in einer Parallelwelt?

Ist das nicht überall so?

Vielleicht. Aber Sie sehen immer dieselben Gesichter auf allen Kontinenten.

Das stimmt schon. Der Bezug ist ein anderer zu den Sportlern, weil man gemeinsam auf Weltreise geht. Und in der MotoGP ist man emotional zusätzlich  insoweit involviert,  weil halt stets etwas passieren kann. Beim Tennis geht es nicht um Leben und Tod. In der MotoGP schon, und Verletzungen sind an der Tagesordnung. Du weißt, dass in jeder Session jemand crashen wird.

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Wie ist "Il Dottore" Valentino Rossi?

Der Doktor ist ein Vollprofi in jedem Bereich. Vom ersten Interview an hatten wir immer Spaß, er weiß, was wir von ihm wollen. Wenn er eine Frage nicht beantworten will, dann tut er so, als würde er sie nicht verstehen. Man kann ihm dafür  nicht böse sein. Er ist ein lustiger Kerl.

KTM-Pilot Brad Binder hat gemeint: Rossi ist MotoGP. Unterschreiben Sie das, auch wenn es seit Jahren einen Marc Márquez gibt?

Ja. Rossi hat die MotoGP mit aufgebaut und zu dem gemacht, was sie heute ist. Wenn er in Italien vor Zuschauern aufs Podest fährt, dann weißt du in der Sekunde, wer er ist und was er für den Sport bedeutet.

Sie sind auf Social Media aktiv. Wie sehr gehört das zum Leben für Sie dazu?

Mittlerweile ist es sehr wichtig, weil es ein eigener Geschäftszweig geworden ist. Es ist deine eigene Vermarktung. Instagram macht mir viel Spaß als Plattform, um schöne Bilder zu teilen. Ich nütze es als etwas Positives, kann entscheiden, was ich preisgebe.

Haben Sie schon schlechte Erfahrungen  gemacht?

Ganz ehrlich, ich habe großes Glück. Bei 30.000 Followern sind halt ein paar dabei, die einem den Spaß verderben wollen. Aber das lasse ich nicht zu.

Gab es nie sexistische Kommentare?

Ich habe bisher nicht viel Bösartiges erlebt. Der Respekt ist in 99 Prozent der  Fälle vorhanden. Sollte sich das ändern, werde ich meine Konsequenzen daraus ziehen.

Sie bewegen sich mit dem Motorsport durchaus in einer Macho-Welt. Wie schwierig ist es, nicht in ein Klischee gedrängt zu werden?

Ich habe immer mein eigenes Leben gehabt, weiß wer ich bin und wer ich nicht bin. Ich kippe da nicht in ein Klischee. Ich fahre ab und zu Motocross, maße mir aber nicht an, irgendwas besser zu wissen. Ich kenne meinen Platz.

Oft wird man aber ungewollt in eine Rolle gedrängt.

Ich habe schon oft das Feedback erhalten, dass ich authentisch wirke. Das freut mich, weil ich mich dadurch nicht verstellen muss.