Sport/Fußball

Zeit für Wunderwuzzis: Maradona und andere Ausnahmekönner

Zu Ehren des Mannes, dem 1995 als unerwünschte Person beim Wiener Champions-League-Finale Ajax vs. Milan die Europäischen Fußball-Union eine VIP-Karte verweigerte, wird in Neapel das Stadion umbenannt. Und in Argentinien soll Diego Maradonas Konterfei künftig die 1.000-Peso-Banknoten (1.000 Peso = 10 Euro) zieren.

Warum soll es im Sport anders sein? Erst nach dem Ableben werden Sünden verziehen. Und zuweilen auch glorifiziert.

Für Lothar Matthäus sind nur Maradonas Koks-G’schichten Schnee von gestern.

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So hat der deutsche Ex-Weltmeister (Matthäus wird im März 60) soeben wieder an den legendären Sololauf von Maradona (starb im November kurz nach seinem 60er) bei der WM 1986 in Mexiko City erinnert. Als Diego in handg’stoppten 11,7 Sekunden von der Mittellinie weg fünf Engländer abschüttelte, ehe er für Argentinien traf. Damit lag er nur knapp über der aktuelleren Bestmarke von Lionel Messi, der für ein ähnliches Kunststückerl gar nur 11,2 benötigte.

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Matthäus’ Vergleich kann auch so interpretiert werden, dass er damit ausdrücken wollte, dass man schon zu seiner aktiven Zeit mit hohem Tempo auf hohem Niveau spielte. Zumal das heute oft bezweifelt wird.

Ausgediente Wunderwuzzis

Nach Maradonas unfreiwilligem Karriereende 1994 lautete alsbald der (speziell in Deutschland verbreiteten) Fußball-Weisheit letzter Schluss: Der Star ist die Mannschaft. Konkret: Taktik und Disziplin wären alles, Wunderwuzzis hätten ausgedient. Eine Meinung, zu der auch der Schreiber dieser Zeilen neigte. Irrtum.

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Zwar ist sportwissenschaftlich fundierte Leistungsdiagnostik unentbehrlich, gelten Topspeed und Topfitness verbunden mit Strategie als Grundvoraussetzung für Erfolg in Topligen. Besondere Spiele werden aber nach wie vor von besonderen Spielern entschieden. Siehe Ronaldo (Juve), siehe Robert Lewandowski (Bayern) siehe Zlatan Ibrahimovic (Milan). Obwohl besagte Herren alle jenseits der 30 sind.

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Selbst bei weniger namhaften Klubs machen weniger namhafte Routiniers den Unterschied aus. Ohne Michael Liendl (35) und ohne Magnus Wolff Eikrem (30). würden weder der Wolfsberger AC, noch der norwegische Rapid-Bezwinger Molde bei allem Respekt vor deren Teamwork als Europa-League-Aufsteiger überwintern. Red Bull Salzburg wiederum hätte es mit der an Dortmund abgegebenen Tormaschine Erling Haaland wohl in die K.o.-Phase der Champions League geschafft.

Weil man aber alle Jahre wieder die besten Spieler um mittlerweile achtstellige Euro-Summen verkauft, wird Österreichs Serienmeister auf internationaler Bühne ewig ein Konjunktiv-Champion bleiben.