Sport/Fußball

Starker Mann, ganz weich: Marko Arnautovic kamen die Tränen

Marko Arnautovic hofft, vor der Fußball-EM noch ein paar Spielminuten zu bekommen. Österreichs Stürmerstar ist nach einer Muskelverletzung im Oberschenkel am Freitag wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen. Für 90 Minuten werde es am Sonntag (17.30 Uhr/live ORF 1) bei der EM-Generalprobe in Wien gegen die Slowakei aber noch nicht reichen, erklärte Arnautovic am Samstag in einer ÖFB-Pressekonferenz, in der er auch mit seinen Emotionen zu kämpfen hatte.

Als er über die lange Trennung von seiner Familie in der Corona-Pandemie zu sprechen hatte, kamen dem China-Legionär die Tränen. „Als ich meine Familie nicht sehen konnte, habe ich das Leben ganz anders gesehen. Ich war richtig emotional“, sagte Arnautovic. Mehrere Monate habe er seine beiden Kinder nicht gesehen. „Das war nicht einfach. Ich habe sehr viel durchstehen müssen dort. Deswegen bin ich froh, wieder hier zu sein in Österreich und alles dafür zu geben, dieses Land glücklich und meine Familie glücklich zu machen.“

Das Land würde Arnautovic vor allem mit Toren bei der EURO glücklich machen. 26 hat er in 87 Länderspielen erzielt, das bisher letzte allerdings im September 2019. Den verpatzten Auftakt der WM-Qualifikation im März verpasste er wegen der chinesischen Quarantäne-Bestimmungen. Er sei bis vier Uhr wach geblieben, um die Spiele zu verfolgen. „Es war schwierig für mich, so weit weg zu sein und mitzuerleben, dass die Resultate nicht so gut waren.“

In den vergangenen eineinhalb Monaten kam der Wiener im ÖFB-Team nur zu zwei Einsätzen, leistete dabei im November in der Nations League gegen Nordirland (2:1) und Norwegen (1:1) aber jeweils ein Assist. „Ich weiß, dass ich der Mannschaft helfen kann.“ Insofern sei es ein gutes Gefühl, wieder voll im Trainingsbetrieb zu stehen. Seien Muskelverletzung hatte er sich am 11. Mai in der chinesischen Liga für Shanghai Port zugezogen, seither musste er pausieren.

Ob er gegen die Slowakei schon zum Einsatz komme, entscheide in erster Linie Teamchef Franco Foda. „In der zweiten Linie geht es um mich, wie ich mich körperlich fühle“, meinte Arnautovic. Üblicherweise gebe er seine Verfassung immer mit 100 Prozent an. „Es kann noch ein bisschen dazukommen, aber ich fühle mich sehr gut“, versicherte der 32-Jährige. Für 90 Minuten sei es aber noch zu früh. „Wir arbeiten darauf hin, dass ich dann voll einsatzbereit bin für die EURO.“

Mit der „Joker“-Rolle kann der Routinier auf Dauer nämlich wenig anfangen. „Ich habe mich in meiner ganzen Karriere nicht als Joker gesehen. Kein Spieler will diese Joker-Rolle“, meinte Arnautovic. „Ich werde alles dafür geben, fit zu sein und dem Trainer zu zeigen, dass ich kein Joker bin.“

Arnautovic und Kalajdzic?

Sein Rivale im Kampf um einen Platz im ÖFB-Sturmzentrum dürfte Sasa Kalajdzic sein. Arnautovic kann sich aber auch vorstellen, Seite an Seite mit dem Zwei-Meter-Mann zu stürmen, der für den VfB Stuttgart in der vergangenen Saison 16 Ligatore erzielt hat. Bisher sei diese Variante laut Arnautovic nicht trainiert worden. Für ihn sei es grundsätzlich ein Plus, wenn sein Nebenmann auch im Kombinationsspiel stark sei. Das treffe auf Kalajdzic zu. „Sasa ist jung, er ist hungrig. Er hat genug Qualität, uns da vorne den Unterschied zu geben.“

Foda hofft, dass bei der EM auch Arnautovic diesen Unterschied ausmachen kann. „Ich war komplett fit, mir ist es wirklich gut gegangen. Aber zwei Wochen vor dem Nationalteam-Treffpunkt ist mir diese Verletzung passiert“, erzählte der China-Legionär. Vergangene Woche im Trainingslager in Bad Tatzmannsdorf musste er sich daher auf individuelle Übungen beschränken - versuchte aber bereits, gute Stimmung in die Mannschaft zu bringen.

„Es ist ganz wichtig, Spaß und Freude zu haben. Es war nicht alles perfekt, aber gegen England habe ich sehr, sehr viele positive Dinge gesehen“, sagte Arnautovic. „Die müssen wir mitnehmen in das Spiel gegen die Slowakei.“ Der ÖFB-Angreifer lobte vor allem Inter-Mailand-Verteidiger Milan Skriniar als Topspieler - aber auch den slowakischen Kapitän Marek Hamsik. „Wir wissen, was wir zu tun haben. Wir müssen alles geben, damit wir das Spiel morgen gewinnen.“ Und ein gutes Gefühl in die EM mitnehmen.

Arnautovic war als einer von acht ÖFB-Spielern bereits bei der danebengegangenen EM 2016 dabei. „Wir hatten damals und jetzt unsere Qualitäten.“ Über einen Achtelfinal-Aufstieg brauche man vor den EM-Spielen gegen Nordmazedonien (13. Juni), die Niederlande (17. Juni) und die Ukraine (21. Juni) nun aber noch nicht zu fantasieren. „Zuerst haben wir einmal die Gruppenphase, da hat jeder Gegner Qualität.“