Salzburger Jubel nach CL-Einzug: "Wir haben den Fluch gebrochen"
Mittwoch Abend, kurz vor 23 Uhr, Red-Bull-Arena in Wals-Siezenheim: Der Stein, der nach dem 3:1-Heimsieg im Play-off-Rückspiel gegen Maccabi Tel Aviv den Salzburgern vom Herzen fiel, war so groß, dass man den Aufprall auch noch unter dem Stadiondach hörte.
Dorthin waren die schreibenden Journalisten von der UEFA umquartiert worden, weil die Pressetribüne im sonst praktisch menschenleeren EM-Stadion von 2008 in der roten Zone liegt, also im wegen der Coronavirus-Pandemie nur für Spieler, Betreuer, Schiedsrichter, UEFA-Offizielle und TV-Leute erlaubten Bereich.
Premiere
Erstmals überhaupt – und das im zwölften Versuch – erreichte Salzburg in der 15-jährigen Ära Red Bull die lukrative Gruppenphase der Champions League über den Umweg Qualifikation. Vor einem Jahr war man ja als Meister direkt dabei. „Es war heute wieder –– pfffffff... Wir können noch besser Fußballspielen. Aber wir haben uns das verdient, und wir haben den Fluch gebrochen“, meinte Sportchef Christoph Freund, der alle Salzburger Dramen in der Qualifikation seit 2006 als Klubfunktionär live miterleben musste.
„Wir haben während der Coronapause drei Ziele festgelegt: ÖFB-Cup, Bundesliga und die Qualifikation für die Champions-League-Gruppenphase. Dafür haben wir extrem hart gearbeitet. Jetzt haben wir das letzte Ziel erreicht“, sagte ein natürlich zufriedener Trainer Jesse Marsch, der auch meinte: „Dieser Verein muss immer ein Champions-League-Verein sein.“
Na, ja! Nimmt man die Salzburger Normalform als Maßstab, hat der US-Amerikaner mit seiner Aussage wahrscheinlich recht. Am Mittwoch blieb seine Mannschaft den Beweis aber schuldig, dass man zu den Besten der Besten gehört. Behäbig, langsam, schlampig war der Auftritt in vielen Phasen der Partie – weit weg von den Attributen, die den Red-Bull-Fußball eigentlich ausmachen.
Der israelische Meister war trotz zahlreicher Ausfälle wegen der Coronavirus-Pandemie in vielen Phasen des Rückspiels ebenbürtig, wenn nicht sogar besser (wie auch schon im ersten Duell). Aber Salzburg hatte am Mittwoch jenes Glück, das in vielen Play-off-Spielen davor gefehlt hatte.
RED BULL SALZBURG - MACCABI TEL AVIV 3:1 (2:1)
Tore: 1:0 (16.) Daka, 1:1 (30.) Karzev, 2:1 (45+4, Elfmeter) Szoboszlai, 3:1 (68.) Daka.
Gelbe Karten: Camara, Ramalho, Okafor bzw. Karzev, Baltaxa.
Gelb-Rot: Donis (Maccabi-Trainer/Kritik, 45.+3).
Salzburg: Stankovic - Vallci, Ramalho, Wöber, Ulmer (K) - Okugawa (82. Okafor), Mwepu, Camara (74. Junuzovic), Szoboszlai - Daka, Koita (66. Berisha).
Tel Aviv: Tenenbaum - Bitton (65. Hozez), Yeini, Tibi - Kandil (74. Glazer), Karzev, Golasa, Baltaxa - Biton, Almog (75. Hanziz), Shechter.
Gesamt: 5:2 (Hinspiel: 2:1)
Die Tore etwa fielen genau zum richtigen Zeitpunkt: das 1:0 durch Daka aus der ersten Chance nach einer schwachen Anfangsviertelstunde; das 2:1 durch einen von Szoboszlai verwandelten Elfmeter Sekunden vor dem Pausenpfiff; das 3:1 wieder durch Daka genau in einer Phase als Maccabi dem 2:2 eigentlich näher war als Salzburg einem dritten Tor.
Die schwache Leistung hin oder her, die interessiert am Tag danach ja niemanden mehr – genauso wie es bei starken Leistungen in erfolglosen Play-off-Duellen einst war. Was einzig und alleine zählt, ist der Aufstieg in die Gruppenphase. Und den haben die Salzburger sich dieses Mal irgendwie „ernudelt“.
Torjäger bleibt
Auch Doppel-Torschütze Patson Daka strahlte über sein ganzes Gesicht. Der 21-Jährige aus Sambia versprach, zumindest noch bis zur Winterpause in Salzburg zu bleiben. Auch er will die Champions-League-Bühne im Red-Bull-Dress nützen, um international noch mehr auf sich aufmerksam zu machen: „Ja, wieso nicht. Ich werde mich in Szene setzen“, kündigte Daka durchaus selbstbewusst in der Pressekonferenz nach dem Spiel an.
Für Routinier Zlatko Junuzovic, der im Finish seinen ersten Saisoneinsatz nach überstandener Oberschenkelblessur hatte, war klar, dass die Salzburger Mannschaft natürlich noch Luft nach oben hat.
„Wir haben zwar Tore gemacht, sind dann aber etwas in Hektik verfallen. Wir hätten es hie und da besser spielen können, aber der Rhythmus wird noch kommen“, sagte der ehemalige Legionär von Werder Bremen. „Das Weiterkommen war aber verdient. Wir sind einfach glücklich, wieder in der Champions League dabei zu sein.“
Dort wolle man ein ähnlich gutes Bild abgeben wie in der Vorsaison, als man den belgischen Meister KRC Genk zweimal klar besiegen, gegen den italienischen Spitzenklub SSC Napoli auswärts ein Remis holen und auch Titelverteidiger FC Liverpool zweimal voll fordern konnte. Junuzovic ist sich sicher: „Wir können immer eine gute Rolle spielen, aber wir müssen genauso wie letztes Jahr auftreten: dynamisch, attraktiv, auch mit Lockerheit.“
Also genau das Gegenteil von dem, was am Mittwoch gegen Maccabi gezeigt wurde. Dass die Salzburger es besser können, das können sie schon in knapp drei Wochen beweisen. Da geht nämlich die Gruppenphase los ...