Christoph Baumgartner: Ein Talent auf der Überholspur
Von Alexander Huber
Falls Christoph Baumgartner Neider oder gar Feinde hat, sind sie schwer zu finden. Eine Umfrage unter Trainern, ÖFB-Funktionären, Mitspielern, Managern und Weggefährten ergibt: Dieser junge Mann ist unglaublich talentiert, steht mit beiden Beinen im Fußballer-Leben und hat – obwohl erst 19 Jahre jung – bereits Ungewöhnliches zu erzählen.
Am Dienstagabend spielte Christoph Baumgartner mit Österreichs U 21 im letzten EM-Test in Hartberg gegen den Turnierfavoriten Frankreich. Dass die meisten Kollegen und Gegner zwei bis drei Jahre älter sind, ist für den Spielmacher nichts Besonderes. Der in Horn geborene Hoffenheim-Legionär hat ja im Sportgymnasium St. Pölten auch eine Klasse übersprungen. Warum?
Weil er es draufhat.
Doch der Reihe nach: In der St. Pöltner Akademie fiel der jüngere Bruder von Bochum-Legionär Dominik schnell auf. Vereine wie Rapid buhlten wegen der brillanten Technik und dem außergewöhnlichen Spielverständnis um den Teenager. Aber der damals 16-Jährige hatte andere Pläne.
Vorgezogene Matura
„Ich habe mir immer einfach getan in der Schule, wollte zum Abschluss der Akademie nach vier Saisonen nach Deutschland, aber trotzdem im BORGL die Matura machen“, erzählt Baumgartner im KURIER-Gespräch. So entstand der Plan, von der sechsten in die achte Klasse zu springen und das fünfjährige BORGL nach nur vier Jahren zu verlassen. „In diesem Sommer hab’ ich halt ein bissl mehr ins Lernen investiert.“
Mit beneidenswerter Abgeklärtheit meint der 19-Jährige: „Ich weiß ganz gut, was in der Zukunft anstehen könnte. Und im Rückblick war es eine der besten Entscheidungen, die ich in meinem Leben getroffen habe.“
Bei Hoffenheims U 23 schaute Chefcoach Julian Nagelsmann Baumgartner genau und gerne zu, im Winter folgte der Sprung zu den Profis. Die ersten Großklubs haben bereits Interesse angemeldet, aber Berater Thomas Böhm blockt alles ab.
Zum Saisonende folgten die ersten beiden Einsätze im zentralen Mittelfeld – und ein ungewohnter Rückschlag. Baumgartner sah – „zum ersten Mal in meinem Leben“ – Gelb-Rot, und Hoffenheim verspielte in Mainz (2:4) in Unterzahl noch die Europacup-Qualifikation.
„Das tut schon weh. Aber ich habe daraus gelernt. Und von Julian ist trotzdem positives Feedback gekommen.“ Merke: Auch Teenager verkehren mit Startrainer Nagelsmann per Vorname.
Der Zweitjüngste
Bei der U 21 könnte Trainer Werner Gregoritsch bereits der Großvater des zweitjüngsten EM-Teilnehmers (nach Dario Maresic) sein. Und so wie der 61-Jährige klingt, könnte man glauben, hier wird tatsächlich das eigene Enkerl gelobt: „Er ist der kompletteste Spieler mit der größten Spielintelligenz.“
Getrennte Brüder
Am liebsten wäre Christoph in Italien mit Bruder Dominik eingelaufen. Aber der Verteidiger hat sich nach zwei überstandenen Kreuzbandrissen erneut verletzt. „Als Brüderpaar bei einer Endrunde – das wäre schon etwas Herausragendes gewesen. Die ganze Familie wäre stolz gewesen. Wir sehen uns ja auch nur beim ÖFB länger. So bin ich jetzt in einem Einzelzimmer, ich habe gerne etwas Ruhe für mich alleine.“
Eindeutig wird Christoph Baumgartner, wenn es um das Turnierziel geht: „Das Ziel muss es sein, ins Semifinale aufzusteigen. Auch wenn das in einer Gruppe mit Serbien, Dänemark und Deutschland schwierig wird. Aber warum sollten wir sonst hinfahren?“