Wie Roger Schmidt Benfica Lissabon zum Sensationsteam formte
Punktegleiche Teams sind in diversen Fußballtabellen nichts Außergewöhnliches. Der Schlüssel, um in solchen Fällen eine Reihung vorzunehmen, ist bei der UEFA wie folgt: Direktes Duell, Tordifferenz, geschossene Tore – und geschossene Auswärtstore. Auf genau die kam es in der Champions League in Gruppe H am Ende auch an zwischen Benfica Lissabon und den Stars von Paris St-Germain. Weil die Portugiesen und die Franzosen bei je 14 Punkten und einer Tordifferenz von 16:7 zwei Mal 1:1 gegeneinander spielten, Benfica allerdings in den drei Auswärtsspielen neun Treffer erzielten, stehen sie am Ende auf Platz eins vor den Franzosen mit sechs Auswärtstoren.
1. Benfica Lissabon 6 4 2 0 16:7 14 *
2. Paris St. Germain 6 4 2 0 16:7 14 *
3. Juventus Turin 6 1 0 5 9:13 3 **
4. Maccabi Haifa 6 1 0 5 7:21 3
* = im Achtelfinale
** = Umstieg in Europa-League-Zwischenrunde
Ein 6:1-Schützenfest bei Maccabi Haifa sorgte schließlich für Platz eins. Und Trainer Roger Schmidt wusste genau Bescheid. Seine Spieler Gonçalo Ramos und João Mário hatten keine Ahnung, ob sie ihre Champions-League-Gruppe nun als Erster abgeschlossen hatten. Mitten auf dem Spielfeld in Israel erkundigten sie sich deshalb bei Schmidt, und der gab ihnen die Antwort. „Wir haben mehr Auswärtstore“, erklärte der deutsche Coach, wie auf einem Video im Internet zu sehen ist. Und es war tatsächlich ein Gruppensieg in letzter Sekunde. Nur durch das 6:1 durch João Mário in Minute 93 zogen die Portugiesen noch in der Tabelle an Paris vorbei.
Erfolgsserie
„Ich habe den Spielern gratuliert, weil sie einen großartigen Job gemacht haben, sie haben auf einem großartigen Niveau gespielt“, sagte Schmidt. Nicht nur deshalb ist Portugals Rekordmeister hervorzuheben nach der Gruppenphase der diesjährigen Champions League. Nach nun 22 Pflichtspielen mit Benfica ist der 55-jährige Deutsche weiter ungeschlagen. Zehn Siege und ein Remis stehen in der Liga zu Buche – bei sechs Punkten Vorsprung auf den ersten Verfolger SC Braga.
Roger Schmidt hat seine Idee von Fußball nach Portugal gebracht und damit voll eingeschlagen. Der ehemalige Salzburg-Trainer lässt die Adler hohes und intensives Pressing spielen, ganz so, wie er es als erster Red-Bull-Trainer unter dem damaligen Sportchef Ralf Rangnick in Österreich getan hatte. Gelobt wird Schmidt aber auch für die Ballbesitzphasen seines Teams. „Wir wollen attraktiv sein, attackieren, richtigen Benfica-Fußball zeigen“, betonte Schmidt gegenüber dem Kicker.
Der Transfercoup
Der Schlüsselspieler im Team Benficas ist ausgerechnet einer, den Roger Schmidt ausgesucht hat. Neuzugang Enzo Fernández kam im Sommer um zwölf Millionen Euro Ablöse von River Plate aus Argentinien. Der 21-Jährige verteilt die Bälle im zentralen Mittelfeld, ist aber ebenso gut dabei, sie im Fall der Fälle wiederzuerobern. Bei Benfica weiß man, was man an ihm hat. In weiser Voraussicht wurde der 1,78 Meter große Rechtsfuß mit einem Vertrag bis 2027 ausgestattet. Nur um eine Ausstiegsklausel von 120 Millionen Euro kann der Argentinier, der auch im WM-Team rund um Lionel Messi stehen dürfte, den Klub früher verlassen. River Plate hätte nichts dagegen – würde man bei einem Weiterverkauf doch 25 Prozent kassieren.
Noch ist es aber nicht so weit. Die Portugiesen wollen nach Jahreswechsel den Beweis antreten, tatsächlich zur Crème de la Crème des europäischen Klubfußballs zu gehören.
Ausgeschlossen
Im Achtelfinale wartet zunächst einmal ein Gruppenzweiter auf die Portugiesen. Bei der Auslosung am Montag gibt es mehrere ausschließende Kriterien.
Mannschaften aus dem gleichen Land können nicht gegeneinander spielen. So fallen Eintracht Frankfurt, Borussia Dortmund und RB Leipzig – allesamt Gruppenzweite – etwa als Bayern-Gegner weg. Entsprechend kann der zweitplatzierte FC Liverpool nicht gegen Manchester City, Chelsea oder Tottenham Hotspur gelost werden. Dazu sind auch Duelle, die bereits in der Gruppenphase stattfanden, ausgeschlossen. Bei den Bayern fällt Inter Mailand als möglicher Gegner daher weg.