"Das ist schon brutal": Nahm Ramos Verletzung Salahs in Kauf?
Von Peter Temel
Der 3:1-Sieg von Real Madrid gegen Liverpool FC im Champions League Finale von Kiew ist von einer schweren Verletzung und schlimmen Vorwürfen überschattet. Der ägyptische Liverpool-Stürmerstar Mohamed Salah musste am Samstagabend nach einem unglücklich verlaufenen Zweikampf mit Real-Kapitän Sergio Ramos bereits in der 31. Minute mit einer lädierten Schulter vom Feld. Nach dem Ausscheiden des starken Angreifers war auch der Spielfluss der beherzt aufspielenden „Reds“ fürs Erste unterbrochen. Der ehrgeizige Ramos, bekannterweise kein Kind von Traurigkeit, wurde in den sozialen Medien sofort als Übeltäter ausgemacht. „Ramos ist ein ganz fieser Typ“, war da noch eine der harmloseren Aussagen. Von ägyptischen Fans wurde sogar ein „Wanted“-Plakat mit Kopfgeldprämie für Ramos gepostet. Befürchtet wurde auch, dass Salah seine WM-Teilnahme abschreiben muss.
Folgenschweres Laufduell
Was war passiert? Es geschah in der 27. Minute. Salah nahm nach einem weiten Einwurf in der gegnerischen Spielhäfte den Ball an, legte ihn sich mit dem Kopf vor. Die Abwehr der Madrilenen schien in diesem Moment nicht gut gestaffelt, was Ramos offensichtlich dazu veranlasste, den Ball im Laufduell mit aller Macht erobern zu wollen. Er versuchte, Salah mit dem Arm zu blockieren, dieser hängte sich kurz mit dem eigenen Arm ein. Darauf ging Ramos plötzlich zu Boden, riss Salah mit sich hinunter. Der flinke Ballkünstler hatte da bereits den Arm wieder ausgestreckt, doch Ramos schien diesen unter der Achsel eingeklemmt zu haben. Als der Real-Kapitän auch noch über den Arm des Ägypters abrollte, hielt das die linke Schulter Salahs nicht aus.
Klopp: "Das ist schon brutal"
Salah spielte zwar noch weiter, doch ein paar Minuten später saß der Lockenkopf wie ein Häufchen Elend im Rasen und weinte. Ramos' Aktion wurde übrigens vom Schiedsrichter nicht als Foul gewertet.
Die Kritik im Netz entzündete sich vor allem daran, dass der Spanier Salahs Arm auch im Fallen nicht losließ. Der deutsche ARD-Sportmoderator Matthias Opdenhövel sprach auf Twitter von einem "ganz miesen Foul" und schrieb außerdem: "Lässt er den Arm los im Fallen ist alles ok. Der Zweikampf ist eh gewonnen. Er riskiert bewusst die Verletzung!"
"Er zieht ihn auf die Schulter. Das ist schon brutal", sagte auch Liverpool-Trainer Jürgen Klopp nach dem Spiel im deutschen Fernsehen. ZDF-Analytiker Oliver Kahn wollte bei Ramos hingegen "keinen bösen Willen" erkennen. Kahn: "So eine Szene passiert in jedem Spiel 15 Mal, das ist keine ungewöhnliche Situation."
Die Spielszene in Bildern
Ägypten rechnet mit WM-Teilnahme Salahs
Der ägyptische Fußballverband rechnet trotz der Schulterverletzung mit einem WM-Einsatz seines Stürmerstars. Die medizinische Abteilung des FC Liverpool habe den Arzt der ägyptischen Nationalmannschaft nach dem Röntgen der Schulter am Samstag darüber informiert, dass Salah sich eine Bänderverletzung zugezogen habe, teilte der Verband am Sonntag auf Twitter mit. Angesichts dieser Diagnose zeigte sich Mannschaftsarzt Mohamed Abu Al-Ala optimistisch, dass Salah dem Team in Russland zur Verfügung stehen werde.
Der ägyptische Minister für Jugend und Sport, Khalid Abdul-Asis, äußerte sich in der Tageszeitung Al-Masry Al-Yawm ebenfalls zuversichtlich. Mit Liverpool sei abgesprochen, dass Salah zunächst zur Behandlung noch in England bleibe und später ins Trainingslager der Nationalmannschaft in Italien stoßen werde. Er rechne mit einer Behandlungsdauer von zwei Wochen, sagte der Minister. Das erste WM-Spiel steht am 15. Juni in Jekaterinburg gegen Uruguay an.
In der Nacht zu Sonntag hatte Liverpool-Trainer Klopp noch von einer „ernsthaften“ Verletzung gesprochen. "Es sieht nicht gut aus", wurde Klopp auf der Webseite der Engländer zitiert. Klopp hatte sogar einen möglichen Schulterbruch angedeutet.
Ramos-Check gegen Karius
Auch eine Szene in der zweiten Hälfte beschäftigte die Kommentatoren im Internet. In der 49. Minute ging Liverpool-Tormann Loris Karius nach einem möglicherweise verdeckten Ramos-Ellbogencheck zu Boden. Was die internationale Regie kaum wahrnahm, aber nach dem Spiel in Videos dargestellt wurde. Nicht einmal zwei Minuten später passierte dem deutschen Keeper der erste folgenschwere Fehler, durch den Real 1:0 in Führung ging.
Ramos selbst war in der 82. Minute einer harten Attacke durch Sadio Mané ausgesetzt, dafür gab es allerdings auch Gelb, während Ramos das Match ohne Verwarnung beenden konnte. Dem 1:1 durch Liverpool war außerdem möglicherweise ein Regelverstoß von Dejan Lovren bei einem Luftduell mit Ramos vorausgegangen.
Ramos wünscht Salah "baldige Besserung"
Noch in der Nacht reagierte Ramos mit einem Tweet, in dem er Salah eine "baldige Besserung" wünscht. "Manchmal zeigt dir der Fußball seine gute Seite, ein anderes Mal die schlechte", schrieb der Verteidiger. "Alles in allem sind wir Profi-Kollegen. Baldige Besserung, Salah. Die Zukunft wartet auf dich."
Vor dem Finale hatte Ramos auf die Frage nach dem Vergleich Salahs mit Spielern wie Ronaldo oder Messi folgendes geantwortet: "Crissy und Messi sind in einem anderen Sternensystem. Manche Spieler sind in Mode. Manche verschwinden wieder, manche werden große Spieler. Salah ist ein wirklich toller Spieler, wir werden sehen, was passiert."