U-Ausschuss: „Bitte um Antwort, Herr Präsident“
Von Elisabeth Hofer
„Lege artis“, das heißt wörtlich übersetzt „nach den Regeln der Kunst“ und bedeutet eigentlich nichts anders als „vorschriftsmäßig“. Und genau so, also „Lege artis“, sei laut Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) während seiner Zeit als Innenminister alles abgelaufen.
Das erklärt Sobotka bei seiner Befragung vor dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am Mittwoch gleich mehrmals. Es ist derselbe Ausschuss, dem Sobotka eigentlich vorsitzt. Für seine eigene Befragung hat er den Vorsitzstuhl mit der zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures getauscht.
Die Abgeordneten befragen Sobotka vor allem zum mutmaßlichen Postenschacher im Innenministerium (BMI) und zur Vergabe von Inseraten (etwa an den Ybbstaler Boten).
Dabei kommen sie nur langsam voran: Die Sitzung muss mehrmals wegen Geschäftsordnungsdebatten unterbrochen werden, die ÖVP kritisiert die Vorsitzführung von Bures immer wieder heftig und ist teilweise selbst mit den Fragen des Verfahrensrichters unzufrieden. Richter und Bures wollen meist trotzdem Antworten vom „Herrn Präsidenten“∙
Diese lassen sich, wie eingangs erwähnt, aber ohnehin recht einfach zusammenfassen: Alles „Lege artis“.
Das gelte auch für die Causa Jelinek. Dabei geht es darum, dass Andrea Jelinek 2017 als Wiener Vizelandespolizeidirektorin verhindert worden sein soll, weil sie als SPÖ-nahe galt. Sobotka wird in dem Verfahren als Beschuldigter geführt.
Dass ihm sein damaliger Kabinettschefs Michael Kloibmüller einst in dieser Causa schrieb, es sei alles „eingehängt“, und Sobotka mit „Ok“ antwortete, sei als „Macht es, so wie es eben ,State of the Art' ist“ zu verstehen, erklärt er. Er habe sich bei Postenbesetzungen immer an die Vorschläge der Bestellungskommission gehalten.
Eine „Dienstleistung“
Aus den Chats mit Kloibmüller geht auch hervor, dass Sobotka eine „Interventionsliste“ angelegt haben soll. Darauf angesprochen, gibt der Nationalratspräsident an, es handle sich dabei um Wünsche und Anliegen die von verschiedenen Personen und Parteien an ihn herangetragen wurden. Er habe das „im Sinne eines Dienstleistungsgedankens“ auch weitergegeben und sei davon ausgegangen, dass alles vorschriftsgemäß behandelt werde.
Nach Sobotka war der geschäftsführende Direktor des Bundesamtes zur Korruptionsbekämpfung (BAK) geladen. Die Abgeordneten interessiert das BAK, weil es die Ermittlungen der „Soko Tape“ im Ibiza-Komplex übernommen hat, nachdem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft dieser das Vertrauen entzogen hatte.
Gleichzeitig attestiert die Opposition dem BAK aber chronische Unterbesetzung, die das Amt laut Neos praktisch handlungsunfähig macht. Dem widerspricht der Direktor bei seiner Befragung. Man sei voll handlungsfähig, hält er fest, nach außen nur nicht so sichtbar wie die WKStA. „Das ist uns aber gar nicht unrecht. Politische Interventionen seine ihm nicht erinnerlich.
An einer Nebenfront sorgt indes ein Vorfall von vergangener Woche für Aufregung.
Die SPÖ hatte versehentlich zwei Seiten eines Aktes zu viel vorgelegt und versucht, diese wieder zurückzuholen. Die Verfahrensanwältin hatte in der Zwischenzeit die Seiten aber an die ÖVP-Fraktion weitergereicht. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl und seine Stellvertreterin forderten daraufhin in einem Brief an den Ausschussvorsitzenden Sobotka „Konsequenzen“, da die Verfahrensanwältin „die für ihre Funktion erforderliche Äquidistanz nicht eingehalten“ habe.
Und Konsequenzen dürfte es auch tatsächlich geben. Wie der KURIER von der Parlamentsdirektion erfuhr, könne man die Verfahrensanwältin zwar nicht ausschließen, man werde sie aber nach dem Vorfall künftig wohl nicht mehr einladen, zumal mehrere Verfahrensanwälte zur Auswahl stünden.