Politik/Inland

"Große Koalition" im Bund? SPÖ-Länderchefs uneins

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) macht sich erneut für eine Koalition mit der ÖVP im Bund stark. Gegenüber Ö1 sagte er am Dienstag, diese ehemals "große Koalition" wäre "gut für Österreich". Nichts abgewinnen kann dem Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

Tirols SPÖ-Chef Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer sieht "eine stabile Zweierkoalition mit der ÖVP“ als Ziel, Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig findet Kaisers Argumentation "schlüssig".

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"Wenn man etwas erreichen will und dafür notwendige Mehrheiten hat, dann wird man auf Kompromisse eingehen", ist Kaiser optimistisch, dass eine Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP gelingen könnte. Als Vorbild dafür könne Kärnten dienen, wo Rot und Schwarz seit elf Jahren miteinander regieren. Dass es für eine Renaissance der längstdienenden Koalition auch Befürworter beim Gegenüber gibt, zeigte Kaiser bei einem medienwirksamen Auftritt mit dem Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) im Dezember und davor bereits mit seinem steirischen ÖVP-Amtskollegen Christopher Drexler.  

Ihre beiden Parteien hätten "gemeinsam die Geschichte der Zweiten Republik geprägt", sagte Kaiser gegenüber Ö1. Für die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle haben Kaiser und Mattle mit Auftritten wie im Dezember oder Bekundungen wie am Dienstag "nichts zu verlieren", da der Wähleraustausch zwischen den Parteien gering sei. Im Gegenteil: "Die Landeshauptleute richten der Bundespolitik im Hintergrund schon immer etwas aus, ich finde es eigentlich nicht schlecht, diese Diskussionen nicht nur intern, sondern transparent zu führen."

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Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kann dem Vorschlag einer SPÖ-ÖVP-Koalition derzeit hingegen kaum etwas abgewinnen. Es sei aus seiner Sicht nicht an der Zeit, zu taktieren und Funktionen aufzuteilen. "Das Ziel der Sozialdemokratie muss sein, die Wahl zu gewinnen", betonte Doskozil am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz. Danach könne man weiterschauen. Als reiner Steigbügelhalter für die ÖVP dürfe die SPÖ jedenfalls nicht herhalten.  

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Wohlwollender blickt Ludwig einer solchen Koalition entgegen. SPÖ-ÖVP-Regierungen hätten schließlich über Jahrzehnte dazu beigetragen, die Zweite Republik aufzubauen, sagte er bei einer Pressekonferenz. Dass es sich um zwei ganz unterschiedliche Parteien handle, mache die Zusammenarbeit zuweilen nicht leicht, die Koalition würde so aber unterschiedliche Gruppen in der Bevölkerung abbilden. Eine Koalition mit der FPÖ habe die SPÖ immer ausgeschlossen, weitere Ausschlüsse von Parteien befürwortet Ludwig, der in Wien mit den NEOS zusammenarbeitet, nicht. 

Tirols Landeshauptmannstellvertreter Dornauer erklärte ebenfalls, sowohl ÖVP als auch SPÖ hätten für Österreich in der Vergangenheit Verantwortung übernommen und "dieses Land und unsere Demokratie maßgeblich geprägt". "Es ist an der Zeit, diesem Erfolgsmodell wieder neues Leben einzuhauchen. Nur eine vernünftige Politik der Mitte kann die Ränder dorthin bringen, wo sie hingehören: In die Einstelligkeit", so Tirols SPÖ-Vorsitzender. 

"Schreckgespenst"

Ob das "Schreckensgespenst" Herbert Kickl (FPÖ) als gemeinsamer Gegner die Altparteien näher zueinander bringen kann, wird der Wahlkampf zeigen, meinte indes die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle zur APA. Profitieren würden sowohl Mattle als auch Kaiser von ihrer "Ehrlichkeit". „Beide haben das getan, was sie vorher (Landtagswahl in Kärnten bzw. Tirol, Anm.) gesagt haben“, so Stainer-Hämmerle. "Ich finde das sehr ehrlich, zuvor zu sagen, was sie präferieren (...), da ist der Schaden für die Glaubwürdigkeit bei Wilfried Haslauer oder Johanna Mikl-Leitner viel größer." Die ÖVP-Landeshauptleute in Salzburg und Niederösterreich waren letztlich überraschend Koalitionen mit der FPÖ eingegangen.  

Streitereien seien laut Kaiser dann am heftigsten, "wenn man in unterschiedlichen Konstellationen, die eine Partei in der Regierung, die andere in der Opposition ist." Eine Rückkehr zu einer Zusammenarbeit der Altparteien auf Bundesebene ist wohl auch die einzige Möglichkeit, eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zu verhindern, wobei es dazu laut den letzten Umfragen wohl noch einen dritten Partner bräuchte. "Ohne FPÖ ist eine Zweierkoalition aus heutiger Sicht schwierig bis unmöglich", so Stainer-Hämmerle.  

Inhaltlich seien die Überschneidungen zwischen FPÖ und ÖVP "sehr hoch", viel wichtiger bei einer Regierungsbildung seien aber die handelnden Personen. Quasi alle danach gefragten ÖVP-Minister und Ministerinnen schlossen bisher eine Koalition mit der "Kickl-FPÖ" aus, auch viele Wirtschaftstreibende würden Skepsis vor einer Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen hegen, da sie Angst vor einem internationalen Imageschaden hätten, so Stainer-Hämmerle. 

Dass nach der nächsten Nationalratswahl zumindest eine der beiden Großparteien einen anderen Chef oder Chefin haben wird, ist die Expertin überzeugt. "Der Dritte wird auf jeden Fall gehen müssen. Dessen politische Karriere ist beendet." Stehen und fallen werden die Regierungsverhandlungen mit dem Verhandlungsgeschick der Akteure, Kaiser betonte am Dienstag auch, dass er für Rot-Schwarz sei, "aber nicht um jeden Preis". 

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Die ausgestreckte Hand in Richtung ÖVP sei zwar "ein pragmatischer Zugang", nehme Parteichef Andreas Babler aber die Möglichkeit, diese zu "dämonisieren", meint Stainer-Hämmerle. Die ÖVP sei auch bei einigen Roten ein "Feindbild", eine Regierung ohne ihre Beteiligung für viele Sozialdemokraten "Befriedigung", sagte Stainer-Hämmerle.
Auch zur Debatte rund um den Ex-Parteichef Alfred Gusenbauer äußerte sich Kaiser. Die Sektion 8 hat einen Parteiausschluss des Ex-Kanzlers beantragt, Kaiser ist gegen den Ausschluss. Gusenbauer hätte nichts Parteischädigendes gemacht und die Statuten nicht verletzt. Daran müsse man sich halten. 

Nicht nur dafür erntete er Kritik von FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. Dass Kaiser dem "Signa-Profiteur" weiterhin die Mauer mache, lasse auf eine Annäherung von ÖVP und SPÖ schließen. "Da wie dort gibt es keinerlei Schuldbewusstsein, wenn es um Freunderlwirtschaft und Machtmissbrauch geht." Den beiden ehemaligen Großparteien empfahl Schnedlitz spöttisch das Antreten auf einer gemeinsamen Liste: "Die SPÖ könnte hier ihre Kernkompetenz ausspielen und mithilfe von Excel ein geschlechtergerechtes Reißverschlusssystem für die gemeinsame Kandidatenliste erstellen. (...) Eine Symbiose dieser beiden Parteien wäre vielleicht die letzte Chance."