Schieder: "Die Kellernazis kommen wieder aus den Löchern"
Die SPÖ ist am Samstag mit dem so genannten Themenrat offiziell in ihren EU-Wahlkampf gestartet. Dieser mehr oder weniger kleine Parteitag in der Ankerfabrik in Wien-Favoriten stand unter dem Motto "Mensch statt Konzern".
Am 26. Mai wird die SPÖ versuchen, mit Andreas Schieder an der Spitze ein drittes Mal Platz eins in der Wählergunst zu erobern. Inhaltlich setzen die Roten ganz auf den Kampf gegen die Reichen, die Stärkung der Arbeitnehmer-Rechte und die Bewahrung der Umwelt. Zudem soll Rechtsextremismus zurückgedrängt werden.
Schieder: Kellernazis kommen aus den Löchern
So widmete Schieder den größten Teil seiner Rede den Themen Nationalismus und Rechtsextremismus und warnte davor, dass nationale Kräfte die EU von innen zerstören wollten. "Die Kellernazis kommen wieder aus den Löchern", konstatierte der Spitzenkandidat gleich zu Beginn und sieht diese bereits "im Erdgeschoß unserer Gesellschaft angekommen".
Die FPÖ hält er mit einschlägigen Gruppen für "tief verwoben". Die ÖVP mit ihrer Kritik daran sei extrem unglaubwürdig, findet Schieder: "Weil sie könnte ja diese Koalition mit der FPÖ beenden, wenn das ernst gemeint wäre."
Bei den Freiheitlichen vermutet Schieder, dass diese ihren Plan eines EU-Austritts noch nicht aufgegeben haben. Nur wegen des Brexit-Chaos habe man jetzt etwas Kreide gefressen. Tatsächlich stecke aber unter dem Schafspelz noch immer der gleiche Wolf.
Das Ziel der Rechten sei jedenfalls, Europa von innen zu zerstören, wie das Marine Le Pen schon vor Jahren klar gesagt habe. Inzwischen versaufe die Fraktion um die FPÖ noch eine halbe Million für Champagner, was nur noch "eine Verhöhnung der kleinen Menschen" darstelle.
Die ÖVP mit ihrem Spitzenkandidaten Othmar Karas erinnert Schieder an Max Frisch' "Biedermann und Brandstifter". Gelöscht werde ein Brand aber mit einem Feuerlöscher - "und der ist bekanntlich rot".
"Hände weg von Gemeindewohnungen"
Weiteres größeres Thema in der Spitzenkandidaten-Rede war die Steuergerechtigkeit. So zahle das Floridsdorfer Gasthaus "Zum frohen Schaffen" das Zehnfache von Starbucks. So etwas könne nur beantwortet werden, indem man die Macht der großen Konzerne zerschlage. Den vielleicht allergrößten Applaus erhielt Schieder freilich, als er gegen Privatisierungen von kommunalen Dienstleistungen wetterte: "Hände weg vom Wasser und den Gemeindewohnungen."
Der europaweite Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, der Niederländer Frans Timmermans, versicherte in seinem Redebeitrag, dass unter ihm als Kommissionspräsident Konzerne wieder Steuern zahlen würden. Gleichzeitig warb er für europäischen Mindestlohn und Mindestsicherung. An gleicher Stelle für gleiche Arbeit den gleichen Lohn zu bezahlen sei das beste Mittel gegen Hass.
Grundsätzlich betonte er, es sei eben die Aufgabe seiner Bewegung die Verbreitung von Hass in der Gesellschaft aufzuhalten. Er lasse sich dabei auch den Begriff Patriotismus nicht wegnehmen. Selbst sei er niederländischer Patriot, aber eben auch europäischer Patriot. Nationalismus führe dagegen immer zum Verhängnis: "Wir Sozialdemokraten werden unsere Nachbarn nie zu Feinden machen."
Eindringlich warb er dafür, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, indem er die Bedeutung der Union hervorhob. Denn Klimawandel zu stoppen sei alleine nicht möglich und auch mit den USA und China zu verhandeln sei als geeintes Europa leichter.
Rendi-Wager: Kurz ist "Türöffner für Rechtsextreme"
Auch Parteiobfrau Rendi-Wagner fand scharfe Attacken gegen die Regierungsparteien. Der FPÖ attestierte sie, sich von Rechtsradikalen gar nicht distanzieren zu wollen. ÖVP-Chef Sebastian Kurz bezeichnete sie als "Türöffner für Rechtsextreme"
Die EU-Wahl schilderte Rendi-Wagner vor den 800 Gästen des Rats als Richtungsentscheidung. Die Frage sei, ob sich jene Kräfte durchsetzen, die Europa schwächen wollen oder jene, die es stärken wollen. Die SPÖ sieht sie dafür gut vorbereitet, umso mehr, als man aus der AK-Wahl nicht Rückenwind sondern sogar einen Rückensturm mitgenommen habe.
Ähnlich wie beim EU-Beitritt Österreichs hofft die SPÖ-Vorsitzende, dass es gelingen wird, die Menschen mitzunehmen und sie an der Hand in eine bessere Zukunft zu führen. Das gemeinsame Europa müsse erhalten werden, weil es keine Alternative zu einer friedlichen und sozialen Zukunft "auf unserem Kontinent" gebe.
Großes Bedauern äußerte Rendi-Wagner bezüglich des bevorstehenden Brexits. Dieser zeige, dass jene Scherben, die Nationalisten hinterließen, von anderen weggeräumt werden müssten - und das werde Jahrzehnte dauern.
Der FPÖ hielt die SPÖ-Chefin vor, selbst lange einen "Öxit" angepeilt zu haben. Zudem handle es sich um jene Partei, die es nach dem schrecklichen Attentat in Neuseeland weiter nicht schaffe, sich von rechtsradikalem Terror zu distanzieren: "Weil sie es vielleicht gar nicht können oder wollen."
Verantwortlich dafür, dass solche Politiker in der Regierung sitzen können, sei freilich VP-Chef Kurz. Dabei sollte ein Bundeskanzler Brückenbauer in Europa sein, "aber kein Türöffner für Rechtsextreme, Nationalisten und Rechtsradikale".