Bis 18. April: "Osterruhe" im Osten wird verlängert
Statt 11. April, dauert der Lockdown für die östlichen Bundesländer nun bis 18. April. Demnach bleiben Handel, persönliche Dienstleister und beispielsweise Museen sowie Zoos bis 18. April zu. Die Schulen verharren im Distance Learning. Auf eine entsprechende Vorgangsweise haben sich Wien, Niederösterreich und das Burgenland bei einem Gipfel im Kanzleramt verständigt.
Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler gaben ab 16 Uhr in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und Oswald Wagner, Vizerektor für Klinische Angelegenheiten der Medizinischen Universität Wien, die Details bekannt.
Regionalisierung als "Erfolgsmodell"
Die Sieben-Tages-Inzidenz liegt in Österreich bei 237, auf Intensivstationen werden aktuell 578 Covid-Patienten behandelt. Eine "Überlastung der Intensivstationen" müsse man verhindern, sagte Kurz. Regional seien die Zahlen hier sehr unterschiedlich, sagte Kurz und verglich Wien mit den westlichen Bundesländern. "Wir haben in sechs von neun Bundesländern nach wie vor hohe Ansteckungszahlen, aber auf den Intensivstationen eine relativ stabile Situation." In den anderen drei Bundesländern - Wien, Niederösterreich, Burgenland - sei die Lage nach wie vor angespannt.
"Wir haben uns deshalb heute darauf geeinigt, die aktuellen Maßnahmen fortzusetzen." In Absprache mit der Bundesregierung werden die östlichen Bundesländer den Lockdown bis 18. April verlängern, so Kurz. Durchgesickert war diese Informationen schon im Laufe des Vormittags. Kärnten, die Steiermark und Oberösterreich haben zudem angekündigt, Intensivpatienten aus den drei betroffenen östlichen Ländern zu übernehmen. Das Land Kärnten hat bereits den ersten Intensivpatienten übernommen. "Wir sehen dieses regionale Vorgehen als Erfolgsmodell", bilanzierte Kurz.
Die aktuelle Entwicklung sei wegen der frühen Öffnungen erwartbar gewesen, aber: "Über 60 Prozent unserer Intensivpatienten sind 65 Jahre und älter." Sobald die über 65-Jährigen durchgeimpft sind, sei mit einer deutlichen Entlastung der Intensivmedizin zu rechnen, sagte Kurz: "Alle Bundesländer können es schaffen, bis Ende des Monats die über 65-Jährigen durchzuimpfen, dann können wir mit einem Effekt rechnen."
Öffnungskommission
Mit dem geplanten Impffortschritt soll es dann Anfang Mai deutliche Öffnungsschritte geben, die bereits in Vorbereitung seien, so Kurz. Kultur, Sport, Tourismus und Gastronomie stellte Kurz Öffnungsschritte im Mai in Aussicht. Um diese vorzubereiten, soll eine Kommission etabliert werden. In dieser sollen die Sozialpartner ebenso vertreten sein wie Städte- und Gemeindebund, der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz und Vertreter der Branchen.
"Zu den Öffnungen: Ab Mai ist das realistisch", sagte Kogler. Ziel sei es, in 14 Tagen dazu "Näheres" bekannt zu geben. "Aber, die Voraussetzung ist natürlich, dass sich die Lage stabilisieren muss. Besser noch, dass die Infektionszahlen leicht nach unten gehen."
Er meinte, man müsse dafür jedenfalls "bestimmte Maßnahmen" aufrechterhalten und verwies auf die "Strategie der Regionalisierung". Die Ausreisetests würden funktionieren, so Kogler: "Die Erfahrungen sind gut." Damit könne in einzelnen Gemeinden, ja, gar Bezirken, gezielt vorgegangen werden. Kogler schloss mit einem Appell, rief zum Testen und Impfen auf. "Immer noch gilt: Abstand halten, Maske tragen, bewirkt natürlich auch sehr, sehr viel."
"Infektionszahlen nachhaltig senken"
Die Verlängerung der Schutzmaßnahmen sei bis "mindestens 18. April" notwendig, betonte Michael Ludwig und bedankte sich bei Niederösterreich und dem Burgenland für das gemeinsame Vorgehen. Wichtig sei es, "die Infektionszahlen nachhaltig zu senken", nur dann könne man in der Ostregion überhaupt über Öffnungen nachdenken. Heißt auch: Sinken die Zahlen nicht, wird der regionale Lockdown voraussichtlich über den 18. April hinaus verlängert.
Der Argumentation - in Ansätzen auch vom Bundekanzler geäußert -, dass sich Bürger nicht mehr an Maßnahmen halten, widersprach Ludwig deutlich: "Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist sehr diszipliniert." Schützenhöfer sagte er sei "irritiert" gewesen über widersprüchliche Aussagen aus Ländern und Bund in den vergangenen Wochen. "Ich bin daher sehr froh, dass wir heute (...) ein sehr gutes, ein solides Gespräch geführt haben, wo auch der Zusammenhalt und die Verantwortung, die wir gemeinsam tragen, durchaus spürbar waren", so Schützenhöfer.
Sputnik: Vertragsverhandlungen "in den letzten Zügen"
Experte Wagner bestätigte die Statements von Kanzler und Vizekanzler: Die Regionalisierung sei bisher ein "Erfolgsmodell" gewesen. Nun müsse man daraufhin streben, den Reproduktionswert unter 1 zu senken. Ein "Recht auf Homeoffice" empfehlen die Experten "weiterhin", so Wagner. Die Verlängerung des Ost-Lockdowns begrüßte er. "Ein besonders wichtiger Punkt" sei es, das "Impfen zu beschleunigen". Die Reservierung auf den Impfstoff "Sputnik V" sei auch deshalb folgerichtig, weil sich dieser in Studien als wirksam erwiesen habe, sagte Wagner.
Ein Einsatz des russischen Impfstoffs in Österreich erscheint durchaus realistisch. Kurz meinte, dass die Vertragsverhandlungen "in den letzten Zügen" seien. Es gebe die Chance, dass Österreich prioritär behandelt werde.
Ob Österreich den Impfstoff früher als die EU zulassen könnte? Eine schnelle Zulassung der EU-Behörde EMA für alle Impfstoffe, die am Markt erhältlich, sicher und wirksam sind, sei sinnvoll, so Kurz. "Wenn das nicht stattfindet, in absehbarer Zeit, stellt sich die Frage eines nationalen Vorgehens", stellte er einen nationalen Alleingang zumindest in Aussicht. Er habe das Gefühl, dass "von manchen geopolitisch agiert wird". Dies hält er in Gesundheitsfragen wie der aktuellen nicht für angebracht
Doskozil fordert Gespräche ab nächster Woche
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) bestätige die Verlängerung des Lockdowns in der Ostregion, meinte aber: "Die sinkenden Zahlen zeigen auch, dass die Bevölkerung sehr diszipliniert mitgeht – daher muss es für sie endlich eine positive Perspektive geben." Er wolle daher schon nächste Woche Gespräche mit dem Gesundheitsminister aufnehmen, um ein Regelwerk für Öffnungsschritte zu definieren.
"Nötig sind verbindliche Kriterien, wann welche Lockerungen möglich sind. Wenn die Situation stabil bleibt, wenn die Zahlen weiter zurückgehen, muss für die Menschen klar erkennbar sein, welche Öffnungsschritte nach 18. April tatsächlich gesetzt werden können", so Doskozil.
Dichter Verhandlungstag
Den ganzen Tag über hatten Gespräche stattgefunden. Den Auftakt machten ab 10.30 Uhr Regierung und Experten, danach folgte ab 11.30 Uhr die Opposition. Ab 13 Uhr waren die Landeshauptleute bei den Besprechungen mit den Fachleuten dabei.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und die Landeshauptleute von Niederösterreich (Johanna Mikl-Leitner) und dem Burgenland sprachen sich bereits vor der Pressekonferenz aufgrund der Infektionslage und der Situation auf den Intensivstationen für ein solidarisches Vorgehen aus.
Anders die Situation in den anderen Bundesländern. Vom Vorsitzenden der LH-Konferenz, Steiermarks Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, hieß es bereits vor dem Gipfel, dass die Zahlen in seinem Bundesland weiterhin stabil seien.