Maurer sieht bei Tiroler VP Problem mit "strukturellem Sexismus"
Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer nahm im ORF neben den Corona-Sozialhilfen und der nahenden Klausur der Regierung auch zu dem Luder-Sager des stellvertretenden Tiroler Landeshauptmanns Josef Geisler (ÖVP) Stellung. "Das Problem, das ich mit solchen Fällen habe, ist, dass sie jedesmal so diskutiert werden, als sei es ein bedauerlicher Einzelfall gewesen. Wir haben aber ein Problem mit strukturellem Sexismus. Auch die Tiroler ÖVP hat ganz eindeutig ein solches Problem", sagte Maurer auf eine entsprechende Frage in der Polit-Sendung Hohes Haus am Sonntag.
Platter-Androhung "unsäglich"
Bedauerlich findet Maurer, als Politikerin selbst schon häufig Opfer von sexistischen Beleidigungen, nicht nur die Aussage Geislers, sondern auch den Umgang damit in dessen Partei. Davon nahm die Klubobfrau auch den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) nicht aus. "Die Art und Weise, wie versucht wird, diese Debatte in ganz andere Richtungen zu drehen – dass man jetzt über die Tiroler Grünen diskutiert anstatt über den ursprünglichen Sager redet, und auch diese unsägliche Androhung von Neuwahlen durch Platter -, das zeigt schon, dass wir im Umgang mit Sexismus noch sehr weit hinten sind."
Vorgeschichte: Ende Mai hatte ÖVP-Landespolitiker Geisler die WWF-Vertreterin Marianne Götsch bei der Übergabe einer Petition gegen ein Wasserkraftwerk vor laufenden Kameras als "widerwärtiges Luder" bezeichnet. Es folgten zunächst eher halbherzig klingende Entschuldigungen, so hieß es aus dem Büro des Landeshauptmann-Stellvertreters, ein "Luada" sei in Tirol ja ein Ausdruck für "eine schlitzohrige, hartnäckige Person" und nicht unbedingt negativ zu verstehen. Später entschuldigte sich Geisler dann persönlich und öffentlich bei der Umweltaktivistin.
Grüne Klubchefin kritisiert Verharmlosung
Maurer dazu im ORF weiter: "Der Spruch ist das eine, aber der Umgang damit das zweite. Dieser zeigt noch viel deutlicher, wo die Probleme sind. Es braucht in der Tiroler Volkspartei eine Auseinandersetzung mit dem strukturellen Sexismus, den es dort gibt." Unglücklich zeigte sich die Grüne auch über Aussagen, die Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) wenige Minuten zuvor in der ORF-"Pressestunde" gemacht hatte. Schramböck hatte den Sager zwar kritisiert, aber auch betont, welch gute Arbeit Geisler in den vergangenen Jahren geleistet habe. Maurer sagt in Richtung der – wie sie aus Tirol stammenden – Ministerin: "Das zeugt für mich nicht davon, dass man das Problem tatsächlich ernst nimmt."
Maurer verteidigt 450-Euro-Einmalzahlung
Mit Blick auf die durch die Coronavirus-Bekämpfung schwer angeschlagene österreichische Wirtschaft und hohe Arbeitslosenzahlen verteidigte Maurer die Einmal-Zahlung für Arbeitslose in Höhe von 450 Euro. "Das hilft insbesondere jenen Menschen, die am wenigsten Arbeitslosengeld bekommen, weil es eine Pauschale ist", sagte Maurer.
Am kommenden Montag und Dienstag begibt sich die türkis-grüne Regierung in eine Klausur im Bundeskanzleramt. "Wir schnüren bei dieser Regierungsklausur ein großes Sozialpaket, einerseits was die Arbeitslosigkeit betrifft, andererseits mit den 360 Euro für jedes Kind und auch der Vorziehung der Steuersenkung." Die Maßnahmen sollen laut Maurer sowohl den betroffenen Menschen direkt helfen als auch die Nachfrage ankurbeln.
Jetzt gehe es um "Akuthilfe", eine große Reform des Arbeitslosengeldes samt flankierender Maßnahmen stehe aber "mittelfristig" noch an. Eine "Absenkung unter das Niveau, das wir jetzt haben", wie es Türkis-Blau durch ein Stufenmodell geplant hatte und zuletzt der wirtschaftsliberale Think-Tank Agenda Austria vorschlug, stehe für die Grünen "nicht zur Debatte". Auch die Notstandshilfe solle erhalten bleiben, sagte Maurer.