Politik/Inland

U-Ausschuss: Kurz kam, lächelte und ließ viele Fragen ins Leere laufen

Wenn man so will, dann ging heute das Hochamt der Opposition über die Bühne. Selten muss sich der Bundeskanzler vor der Opposition gleich vier Stunden lang „grillen“ lassen. Es hätte ein Fest der Opposition werden können. Es blieb allerdings in der Möglichkeitsform.

Eine Jagd auf Kurz hatte die Opposition im Vorfeld angekündigt. „Wir lassen uns mit Plattitüden nicht abfertigen“, hieß es vor dem Start der Befragung des ÖVP-Kanzlers. Unzählige Stunden flossen in die Vorbereitung auf den Befragungsmarathon. Mehr als mager war die Ausbeute.

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Einmal mehr ließ sich die Kurz’sche Teflonhülle nicht aufbrechen. Nicht zuletzt deswegen, weil die Fragestellung der Mandatare unisono konfus, ohne erkennbare Strategie und wenig aufeinander abgestimmt wirkte. Die Szenerie erinnerte an ein Stochern mit der Hoffnung, vielleicht einen Zufallstreffer beim Kanzler zu landen.

Postenschacher in der Regierung? Die Regierung „müsse Posten besetzen“, versuchte Kurz den Vorwurf  vom Tisch zu wischen. Das System habe er nicht erfunden. „Es hat sicher seine Schwächen, aber wir kennen kein besseres“,  sagte der ÖVP-Chef.  Auch mit dem neuen Koalitionspartner seien in den vergangenen Monaten bereits mehr als 100 Posten neu besetzt worden. Von manchen Personalentscheidungen  will der Kanzler sogar oft erst aus den Medien erfahren haben, erzählte er  den Abgeordneten.

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„Aus einer Frage der Grünen Nina Tomaselli glaubt Kurz den Vorwurf herauszuhören, er sei käuflich. „Das ist definitiv nicht der Fall. Würde ein Spender sich Einfluss auf die Regierung erwarten, würde ich den Spender bei der Tür rauswerfen“, so die unaufgeregte Reaktion.

Unglaubwürdig war die  Antwort für den roten Fraktionsführer Jan Krainer. Apropos SPÖ: Wenn Krainer oder Eva Maria Holzleitner den Kanzler unter Druck setzen wollten, wechselte Kurz gerne in den Schmäh-Modus – mitunter  garniert mit süffisantem Unterton. Ein rhetorischer Stil, den man sonst bei Kurz selten erlebt.

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Häme für die SPÖ

Holzleitner legte ihm die Liste mit dem ÖVP-Großspendern vor. „Ich sehe da ganz viel Schatten drauf“, kommentierte der Kanzler die Vorlage ironisch. Eine Anspielung auf die Aussage des WKStA-Staatsanwaltes vor dem U-Ausschuss, dass die Staatsanwaltschaft Scans mit Schatten von der Soko Tape geliefert bekommen hätten.

Holzleitner: „Können Sie es lesen?“ „Ich bemühe mich“, konterte Kurz. Und setzte nach, „dass das was Sie da gerade ,aufdecken' übrigens öffentlich zugänglich“ sei.

SPÖ-Fraktionsführer Krainer legte dann einen „Wunschkatalog der Erste Bank“ an den Kanzler vor. Erste Bank und Raiffeisen hatten 2017 mehr als 100.000 Euro an Sponsoring für die ÖVP geleistet.

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Was war der Wunsch der Banken genau? Es ging um die FMA-Reform (Finanzmarktaufsichtsbehörde). Für Kurz sei es „das Normalste der Welt, dass Banken als Stakeholder“ Interesse an der FMA hätten. „Wenn Sie unterstellen wollen, dass deshalb etwas passiert, dann weise ich das zurück“. Aber er ließe sich „gerne unfair behandeln“, setzte Kurz nach.

Krainer blieb dabei: Das sei „der Beginn der Aufsichtsreform“ gewesen. „Als Bundeskanzler bin ich nicht zuständig für die Aufsichtsreform und ich habe auch keine Richtlinienkompetenz“, das sei Sache des Finanzministeriums gewesen. Zu dem Papier selbst habe Kurz keine Wahrnehmung.

„Es wurde alles umgesetzt, nur die Fußnote nicht“, lautete Krainers Conclusio.

Zu einem regelrechten Kampf entwickelte sich das Gerangel um den Terminkalender und den Chatverlauf von Kurz. Alles Relevante sei dem Ausschuss geliefert worden, rechtfertigte sich Kurz. Rund 60.000 Dokumente. Für Staunen bei den Abgeordneten sorgte die Aussage von Kurz, dass seine Mitarbeiter „regelmäßig Handynachrichten löschen“.

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Gerangel um Kalender

Für die Neos kann es nicht sein, dass es keine E-Mails zwischen Kurz und etwa dessen damaligen Ministern gibt. „Dieser Terminkalender ist aus meiner Sicht unbedingt herbeizuschaffen“, meinte auch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker von der FPÖ.

Auch dem jetzigen Regierungspartner, den Grünen, reicht das nicht: „Wann sie zum Zahnarzt gegangen sind, interessiert uns nicht“, meinte Fraktionsführerin Nina Tomaselli, ein Termin mit Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner aber schon. Die Entscheidung, ob Kurz seinen Kalender und den Chatverlauf vorlegen muss oder nicht, wurde letztendlich vertagt.

Blumig schilderte Kurz das Nachrichten-Bombardement von Strache. „Es waren mehr SMS, als ich hätte beantworten können. Manchesmal war es ein ganzer Schwall. Und die kamen zu Zeiten, wo ich schon geschlafen habe oder noch nicht munter war“.

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Sich für Sidlo nicht eingesetzt

Hat Strache auch über die umstrittene Bestellung von Peter Sidlo zum  Finanzvorstand der Casinos Austria mit Kurz kommuniziert? Zur Bestellung des früheren FPÖ-Bezirksrats  zum Finanzvorstand der Casinos erklärte Kurz, dass er dem wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe.  Kurz hielt fest, dass er sich „nie für Sidlo starkgemacht“ habe. Er habe auch nie mit einem Casinos-Aufsichtsrat gesprochen, „geschweige denn interveniert“.

Nach Kurz und mit großer Verspätung musste dann Thomas Schmid, der aktuelle ÖBAG-Chef (er managt sämtliche  Beteiligungen an staatsnahen Unternehmen) vor dem U-Ausschuss aussagen.

Die Bestellung von Schmid zum Alleinvorstand der ÖBAG wird von der Opposition heftig kritisiert, sei es doch üblich, dass in einem Vorstand „das Vieraugenprinzip“ gelte, so Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Der Vorstand der Staatsholding ÖBAG wird in der Casinos-Affäre als Beschuldigter geführt. Aus diesem Grund entschlug  sich Schmid bei zahlreichen Fragen.

„Halte Schmid für qualifiziert“

Kurz verteidigte übrigens die Bestellung von Schmid. Dazu erklärte der Kanzler, dass er Schmid seit rund zehn Jahren kenne und  er mit ihm „immer gut  in einer freundschaftlichen Art und Weise zusammengearbeitet“   habe. Schmid habe ihn informiert, dass er sich als ÖBAG-Vorstand bewerben wolle, und er habe ihn für „qualifiziert“ gehalten.

Schmid selber wies alle Verantwortung  in Causa Casinos von sich. Als Kabinettschef von Finanzminister Hartwig Löger,  habe er lediglich eine koordinierende Tätigkeit inne gehabt habe. Die „Letztentscheidung“ sei beim Minister gelegen. Von der Opposition wird Schmid allerdings als mächtigen Strippenzieher bei den Postenschacher-Deals gesehen und Löger war hingegen nur eine  Marionette.

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Aber zurück zum Kanzler-Auftritt: Emotionale Momente blitzten bei Kurz nur sporadisch auf. Als Christian Hafenecker fragte, wer denn die Partei führt, wenn er denn so oft nicht mitbekomme, was um ihn herum passiere, meinte Kurz: „Jetzt platzt mir gleich der Kragen“. Es seien Mitglieder der FPÖ gewesen, die mit ihrem Auftritt in Ibiza verantwortlich dafür waren, dass die Regierung geplatzt ist, sagte der Bundeskanzler.

Die Befragung von Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) wurde  aus zeitlichen Gründen verschoben.

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