Grüne Kritik an Sarah Wieners EU-Kandidatur
Von Bernhard Ichner
Aufmerksamkeit erregten die Grünen am Wochenende definitiv als sie die Kandidatur von Sarah Wiener für die EU-Wahl verkündeten. Die in Deutschland lebende 56-jährige Österreicherin, die in Berlin drei Restaurants und ein Catering-Unternehmen betreibt, einige Kochbücher veröffentlichte und als Fernsehköchin bekannt ist, tritt hinter Spitzenkandidat Werner Kogler auf dem zweiten Listenplatz an. Unumstritten ist die Entscheidung des grünen Bundesvorstands aber keineswegs.
So macht etwa Martin Margulies, grünes Urgestein und dritter Landtagspräsident in Wien, auf Facebook keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. Er sei mit der Kandidatenbestellung "nicht glücklich", schreibt er. Sei die von Wiener propagierte Ernährungswende doch "nicht unwichtig, aber keinesfalls prioritär".
Sarah Wieners bewegte Karriere im Rückblick
"Weniger Show, mehr Inhalt"
Viel wichtiger für den Erfolg der Grünen wäre gewesen, "den Schwerpunkt anders zu setzen" - und zwar mit "weniger Show und mehr Inhalt".
Für Margulies wäre Wieners Kandidatur dann ein kluger Schachzug gewesen, wenn die Grünen bei der Europawahl mit fünf oder sechs Mandaten rechnen hätten dürfen. Dann hätte Wieners Credo "Die Zeit ist reif für eine Ernährungswende" die gesetzten Schwerpunkte gut ergänzt. Doch leider befinde man sich nicht in dieser Situation - "im gegenteil. Ein Mandat: ja, zwei mit tollem Wahlkampf und Engagement, für drei benötigen wir ein Wunder".
Die Grünen müssten daher auf wichtigere Themen setzen, meint Margulies - auf Herausforderungen wie die "Entsolidarisierung der Ärmsten, Natiolnalismus und Rassismus, Demokratieabbau und Einschränkung der Pressefreiheit, Umverteilung von arm zu reich und nicht zuletzt den Versuch, Frauenrechte zu stutzen (Abtreibungsdiskussion), Asyl- und Menschenrechte auszuhebeln, dies alles bei gleichzeitiger Verschärfung des Strafrechts". Dazu kämen "die allgegenwärtigen Gefahren, die vom Klimawandel und der zugrundeliegenden Erderwärmung ausgehen".
Andere Kandidaten besser geeignet?
Geeignet für diese Aufgabe wären nach Margulies Ansicht eher Ulrike Lunacek, Michel Reimon, Monika Vana und Thomas Waitz, die das bereits auf europäischer Ebene "glaubwürdig, kompetent und engagiert" getan hätten. Zumal die Grünen genau mit diesen Kandidaten das bis dato beste bundesweite Ergebnis erzielt hätten. "Warum der Bundesvorstand nun glaubt, alle vier austauschen zu müssen, bleibt mir ein Rätsel", schreibt der dritte Landtagspräsident.
Sarah Wiener verdrängt mit ihrer Kandidatur eine Wiener Kandidaten von der EU-Liste. Die scheidende Frontfrau Maria Vassilakou will ihr Antreten bzw. die Listenerstellung dennoch nicht kommentieren.