Graz: Kurz "nachdenklich gestimmt" und Kogler bietet KPÖ Koalition an
Von Ida Metzger
Der Wahlkampf in Graz verlief so unspektakulär, dass zahlreiche namhafte politische Akteure des Landes die Wahl nicht am Radar hatten. Ein schwerer Fehler. Denn das Wahlergebnis ist eines der spektakulärsten der letzten Jahrzehnte.
Vor allem die Türkisen traf die Wahlschlappe offenbar wie ein Blitz. „Auf eine Niederlage diesen Ausmaßes waren wir nicht eingestellt. Wir haben gespürt, dass wir verlieren, aber in dem Ausmaß haben wir das nicht erwartet. Das ist eine große, schmerzliche Niederlage“, brachte Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer die Enttäuschung auf den Punkt.
Die für die Türkisen möglicherweise interessanteste Meldung kommt von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Er freute sich über ein „großartiges Ergebnis“ seiner Partei und sprach von einem „historischen“ Moment. Dem Jubel setzte er auch gleich ein attraktives Angebot an die KPÖ nach.
Kanzler überrascht
Der Steirer Kogler wünschte sich seine Grünen nun auch in der Stadtregierung der Landeshauptstadt. „Spitzenkandidatin Judith Schwentner und die Grazer Grünen haben alles, was es braucht, um jetzt Regierungsverantwortung zu übernehmen und Graz zum Besseren zu verändern“, sagte der Vizekanzler.
Sprich: Damit könnte der Weg für eine neue Regierungskonstellation in Graz frei sein. Denn KPÖ, Grüne, SPÖ und Neos hätten im Gemeinderat als auch im Stadtsenat eine Mehrheit.
Damit müssten die ÖVP und die FPÖ in Stadtregierung in die Opposition. Das wäre eine herbe Niederlage - vor allem für die ÖVP, dem Koalitionspartner der Grünen auf Bundesebene.
„Sehr überrascht“ zeigte sich ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz über den Erdrutschsieg von KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr. „Dass die Kommunisten in Österreich eine Wahl, wenn auch eine regionale, gewinnen können, ist etwas, dass nachdenklich stimmen sollte“, sagte Kurz im Interview mit „Puls24“. Dem zurückgetretenen Grazer Langzeitbürgermeister Siegfried Nagl dankte Kurz für seine langjährige Arbeit in Graz.
FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl bewies am Wahlabend keinerlei Selbstreflexion. Denn immerhin war FPÖ-Vizebürgermeister Mario Eustacchio in den vergangenen Jahren für die Wohnagenden in der steirischen Landeshauptstadt zuständig – dem Paradethema der KPÖ.
Dass Eustacchio hier offenbar Fehler gemacht hat, sieht Kickl nicht. Ganz im Gegenteil. Der blaue Parteichef sieht den Erfolg der KPÖ bei der Grazer Gemeinderatswahl darin begründet, dass die Kommunisten „von der guten Arbeit der FPÖ profitiert“ hätten. Das sei „traurig zu sehen“, meinte Kickl. „Die Bilanz von Spitzenkandidat Eustacchio im Bereich Wohnen ist hervorragend. Der KPÖ ist es leider gelungen, sich diese Feder auf den eigenen Hut zu stecken. Das ist nicht immer fair, aber zur Kenntnis zu nehmen“, sagte Kickl.